Tagebuch Eintrag 7
Wir brechen morgens direkt zu Sonnenaufgang auf, um rechtzeitig vor den Touristenmassen zur feierlichen Öffnung der Tore der Festung von Belogradchik beizuwohnen. Das Ereignis wurde uns im Reiseführer empfohlen, daher warten wir voller Vorfreude vor dem eisenbeschlagenen Tor der Außenmauer, nachdem wir einer gelangweilten Blondine die Tickets für den Eintritt abkauften. Der Andrang ist noch nicht groß. Kurz vor neun Uhr harren neben uns nur drei junge Leute aus, die wir schon im Pirin bereits getroffen haben. Nach einem kurzen Gespräch erfahren wir, dass diese aus Prag kommen.
Und dann ist es so weit. Doch kein Trommelwirbel und keine Soldaten, die zum ersten Appell blasen. Die gelangweilte Blondine tritt aus ihrem Kassenhäuschen und bewegt sich langsam kaugummikauend mit einem g großen Schlüssel zum schweren Tor und öffnet es so weit, dass wir gerade durch passen.
Wir sind etwas enttäuscht, aber die Erwartung auf die Aussicht auf Sandsteintürme dekoriert durch mittelalterlichem Mauerwerk bei Sonnenaufgang lässt uns Flügel wachsen und die hohen unregelmäßigen Treppen hinauffliegen. Und diesmal erleben wir keine Enttäuschung. Wir haben dieses Naturphänomen für uns und klettern wie die Kinder überall hinauf. Die Aussicht auf diese archaische Landschaft ist grandios. Vor und liegt ein Tal mit einem Wald wie aus vergessener Zeit, aus dem an verschiedenen Stellen bizarr geformte Türme aus Sandstein herausragen.
Ich kann mich an diesem Anblick nicht sattsehen und werde erst durch die Invasion deutscher Pauschalurlauber aus meinem Moment gerissen. Uwe und ich ergreifen sofort die Flucht, nehmen das Auto und versuchen eine Straße hinunter in den Wald zu finden, um zwischen diesen natürlichen Giganten zu spazieren. Eine Route aus Google Maps führt uns allerdings eine kaputte Straße entlang durch ein Viertel der Roma, die ins irritiert ansehen. Eine andere Route bringt uns auf eine Aussichtsplattform, die nur für Fußgänger vorgesehen war und uns an einer Treppe stoppt.
Wir finden unseren Weg ins Gebüsch, doch auch hier ergeben sich Schwierigkeiten, diesmal in Form langer zischender Reptilien die plötzlich vor uns aus dem Gras über den schmalem Weg herausschießen. Wir suchen uns einen anderen Weg, der sich im Unterholz verläuft und erst über einen großen Umweg, diesmal ohne Schlangen, aber dafür mit Schildkröten und Spinnen, erst wieder zu unserem Auto zurückführt.
Wir überlegen, was wir als nächstes machen wollen. Es gibt viele Höhlen in Bulgarien, besonders in dieser Gegend. Nicht ohne Grund spielt eine der berühmtes griechischen Legenden, bei der es um die Unterwelt geht, mit Orpheus und Eurydike, um Thrakien, das heutige Bulgarien. Eine berühmte Höhle unweit von hier wird Magora genannt und wir brauchen nicht lange bis dorthin. Es ist schon spät und nur noch eine Schicht Touristen soll hineingelassen werden. Doch dafür müssen wir eine Stunde warten, denn wir haben eine Öffnung gerade verpasst.
Wir warten und warten und es werden immer mehr Leute, die ebenfalls die Höhle sehen wollen. Ein Bereich mit historischen Wandmalereien steht wegen angeblicher Renovierung nicht zur Verfügung, daher reicht es mir und ich beschließe mir nicht die Touristenwanderung durch den Untergrund anzutreten, sondern überreden Uwe dazu direkt weiter zu fahren. Nicht weit von hier liegt der Rabisha See, an dem es sich bei der Hitze zu schwimmen lohnt.
Dort sind wir zwar auch nicht die einzigen, doch es hält sich in Grenzen und wir nutzen einen Stop zumindest für ein kurzes Bad.
Ich habe davon gehört, wie groß die Donau hier sein soll. Der Strom entspringt nicht weit von meinem Heimatdorf als kleines Rinnsal und ich möchte gerne sehen, zu was er sich hier entwickelt hat. Vorbei an endlosen Sonnenblumenfeldern fahren wir im goldenen Abendlicht nach Nordosten, bis wir tatsächlich auf Europas größten Fluss stoßen, der hier bis zu einen Kilometer breit ist und das Land von seinem Nachbarn Rumänien trennt. Es ist eine gute Gelegenheit endlich unser Zelt aufzubauen und eine fantastische Nacht am Strand der Donau zu verbringen.