Tagebuch Eintrag
Wir durchqueren die faszinierende Region Putumayo im Süden von Kolumbien und stoßen nach zwei Tagen zu einem Ort, in dem das Ender der Welt beworben wird. Nicht in Form des Jüngsten Gerichtes, sondern als Rand der Erde.
In der Nähe soll es einen Wasserfall geben, der über eine Klippe senkrecht in die Tiefe stürzt. Das klingt spannend. Wir finden eine Unterkunft. In der Ecolounge Dantayaco bleiben wir für zwei Nächte.
Das Hostel hat auch einen großen tropischen Garten. Wir finden die Blumen mit dem duftenden Wasser wieder, lernen aber auch neue Bäume kennen, wie zum Beispiel den Kanebassenbaum, der Früchte von der Form und Größe von Kanonenkugeln trägt.
Leider kann man sie nicht essen. Bananen und Dschungeltrauben, Limetten und Kokospalmen wachsen hier üppig. In einem Kräuterbeet wächst Kardamom, mit dem man hier den Kakao verfeinert.
Am nächsten Tag nehmen wir uns vor zum Ende der Welt zu laufen. So heißt der hohe Wasserfall, zu dem ein drei Kilometer langer Dschungelpfad führt. Unterwegs überqueren wir über eine Hängebrücke einen Bergfluss und erklimmen dreihundert Höhenmeter. Zum Glück verkauft uns eine Dame unterwegs gekühlten Chicha.
Auf dem Weg beobachten wir Straßen von Blattschneiderameisen und Termiten und folgen einem Fluss bis zu seinem Ende in luftiger Höhe, am „Fin del Mundo„. Dort stürzt das Wasser in die Tiefe und vor uns sehen wir das Panorama des kolumbianischen Berglands.
Der Wasserfall stürzt etwa 120 Meter tief in eine natürliche Felsformation und bildet einen Pool, der von kristallklarem Wasser gespeist wird. Das Wasser ist kühl und erfrischend und lädt uns ein, inmitten der spektakulären Landschaft zu schwimmen.
In einem der großen natürlichen Seen vor dem Fall schwimme ich eine Runde, bevor wir etwas Tilapia essen und uns auf den Rückweg machen.
Zu unserer Überraschung sind wir die einzigen, die wegen dem bemerkenswerten Wasserfall gekommen sind. Die anderen Gäste kommen in die Region Putumayo wegen einem besonderen Ritual, dem Ayahuasca. Schon in Peru habe ich viel davon gehört und diese Gegend scheint der Ort in Kolumbien zu sein, in der viele Schamanen diese Zeremonie durchführen, in der man Mithilfe von Musik und einem Trank aus verschiedenen Dschungelpflanzen seinen Körper und seinen Geist reinigen können soll.
Viele Ausländer zieht dieses Ritual an. Wir lernen Tibou kennen, der die Zeremonie nun schon das siebte Mal durchführt. Jetzt ergeben für mich auch die ganzen Graffiti in der Ecolounge Sinn. Die Symbole von der Natur, dem Jaguar und den Schamanen spielen alle auf die Zeremonie und die Erfahrungen während dem Ayahuasca an. Von Wikipedia erfahre ich das Folgende:
Wikipedia: AyahuascaDas Phänomen Ayahuasca unterliegt seit dem Ende der 1990er Jahre einer globalisierenden Entwicklung. Einige berühmte Persönlichkeiten, wie beispielsweise der Popsänger Sting in seiner Biografie und in Fernsehinterviews, berichten öffentlich über ihre persönlichen und spirituellen Ayahuascaerfahrungen. Es entwickelte sich ein westlicher Ayahuascatourismus, wodurch im oberen Amazonasgebiet, vorwiegend in Peru, florierende „Heilungszentren“ entstehen, die meist US-Amerikanern gehören und lokale mestizische Schamanen in Honorartätigkeit bezahlen oder anstellen. Die Angebote richten sich nicht selten an die Erwartungen des westlichen Publikums: eine vermeintliche Authentizität indianisch-schamanischer Spiritualität und Weisheit. Dabei kommt es für das ausländische Publikum oft zu einer nicht erkennbaren folkloristischen Retraditionalisierung, die nicht die heutige Realität mestizischer Volksmedizin widerspiegelt.
Westliche neoschamanistische und synkretische Elemente werden mit mestizischem Animismus und Schamanismus und ostasiatischen Versatzstücken aus Buddhismus und Yoga vermischt, um den Erwartungen des westlichen Ethnotherapie-Publikums gerecht zu werden.
Ebenso ist jedoch auch die Globalisierung von Ayahuasca in die andere Richtung zu verzeichnen, so dass sich in Nordamerika und Europa heutzutage mehr und mehr Ayahuascaangebote finden lassen, teilweise durch südamerikanische Schamanen, die dort Seminare und Retreats anbieten, teilweise durch westliche Neoschamanen, westliche alternative Psychotherapeuten und Ayahuasca-Kirchen bzw. deren globalisierte Ableger.[9]
Ayahuasca-Tourismus und Ayahuasca-Business werden von Ethnologen teilweise heftig als Kulturkolonialismus kritisiert, da, vom ethnologisch meist ungeschulten Ayahuasca-Touristen unbemerkt oder ignoriert, egalitäre soziale Strukturen durch die kommerzielle Vermarktung weiter zerstört werden. Konkurrenzdruck und Gewalt zwischen Touristen-Schamanen und gegenüber diesen nehmen hinter der Kulisse von Heilungszentren zu. Komplexe Heilsysteme des Amazonas-Vegetalismus werden auf den Aspekt des psychedelisch-spirituellen Ethnodrogenkonsums reduziert. Ayahuasca wird dabei als vermeintlich jahrtausendealte Heilungsmethode für nahezu alles übergeneralisiert.[10]
Mal schauen, ob ich dieses Ritual einmal selbst ausprobiere. Es scheint ja nun allgemein gesellschaftstauglich zu sein.
Wir verlassen das Ende der Welt und schauen, was sich dahinter verbirgt. Auf den ersten Blick viele Berge und Nebel.