Tagebuch Eintrag
Als ich 2020 beschloss noch einmal durch den Iran zu reisen hatte ich ein Ziel fest vor Augen: den Damavand zu besuchen und eventuell zu besteigen. Der 5600 Meter hohe Koloss befindet sich nicht weit von Teheran entfernt. Die Reise fand 2020 wegen Corona nicht statt und auch auf diesem Trip stehen die Chancen schlecht. Wir sind nicht lange im Land und zu Noruz haben die Besuche der Familien vorrang.
An einem der letzten Tage klappt es doch, ein Zeitfenster öffnet sich und Siavash und sein Freund Saeid erklären sich bereit zu einer Tagestour in den Norden. Saeid besitzt einen modernen Toyota Prado und freut sich, den Wagen ein wenig auszufahren.
Saeid sammelt uns in Lavasan ein. Von hier aus geht es direkt in die Berge. Wir schlängeln uns die Serpentinen die Berge hinauf und durchqueren kleine Dörfer, deren Großteil an Einwohnern aus Ziegen zu bestehen scheinen.
Wir erklimmen einen Pass und ich bin erstaunt darüber, was hier für ein Betrieb herrscht. Ein großer Schrein wurde hier aufgebaut und hunderte Menschen pilgern hierher, zum heiligen Ort und zu der Möglichkeit im Schnee zu spielen.
Es handelt sich um den Imamzadeh Hashem Schrein auf dem Cheshme-ye Khatun Pass und während Saeid und Siavash unbeeindruckt, aber geduldig, im Auto warten mache ich mich mit meiner Kamera auf Entdeckungstour.
Der Ort ist wie eine kleine Festung gebaut. Mauern und Tore umgeben einen Platz, auf dem es zahlreiche Markstände mit Essen sowie religiösem Tand gibt. Von hier gelangt man in die Moschee. Wie üblich gibt es für Männer und Frauen getrennte Eingänge.
Auch hier scheinen zahlreiche Läden aufgrund der Feiertage geschlossen zu sein, obwohl ich mir denken kann, dass die Besitzer den höchsten Umsatz des Jahres machen könnten zu der Zeit, in der alle Iraner frei haben.
Auch wenn ich ein wandelnder Fremdkörper bin begegnen mir die Gläubigen hier sehr freundlich und versuchen sich mit mir mit ein paar Worten Farsi und Englisch mit mir zu unterhalten.
Nicht weit hinter dem Pass ist es auch schon soweit: wie ein großer Haufen aus Zucker erhebt sich der Kegel des Damavand über die anderen Berge. Siavash erzählt mir, dass der Name des Berges aus einer alten Sprache bedeutet „der Atem der Berge“. Das ergibt Sinn, da es der höchste aller Berge ist und als aktiver Vulkan stetig Rauch und Dämpfe entweichen.
Der Lar-Nationalpark umgibt die gesamte Gegend. Wir nähern uns immer weiter dem schlafenden Riesen, bei dem wir wirklich aus der Nähe den Dampf aus kleinen Ritzen entweichen sehen.
Siavash hat plötzlich eine Eingebung und strahlt: „There is a fantastic kebab place very close here!“ Saeid und ich wundern uns, woher das plötzlich kommt, aber Siavash beharrt darauf, dass wir dorthin müssen und es das beste Kebab überhaupt dort gibt. Wir haben sowieso Hunger, also folgen wir seiner Anweisung. Wir verfahren uns auch nur zwei mal, dann kommen wir in ein kleines Dorf. Es sieht nicht direkt touristisch aus, sondern eher, als bestehen die meisten Einkünfte der Dorfbewohner aus Arbeit ihrer Esel und Ziegen, aber doch gibt es auffallend viele Geschäfte und Restaurants.
Saeid hält mit dem Wagen direkt vor einem Grill, über dem ein motivierter Mann mit klassischem Schnauzbart die Kebabspieße wendet uns uns in seinen Laden winkt. Es ist sympathisch.
Wir setzen und auf eine Liege, ohne Schuhe versteht sich, und im Nu füllen große Lagen Fladenbrot, Kebabspieße sowie gegrillte Tomaten und Zwiebeln den Essbereich. Siavash und Saeid sind überrascht, als ich traditionelles Dough zum Trinken dazu bestelle. Siavash hat einen Flachmann mit etwas Besonderem dabei, das er uns unauffällig einschänkt.
Nach dem Essen zeigt uns Siavash noch eine weitere Besonderheit des Ortes. Jedes Haus hat seinen privaten heißen Pool von den Quellen aus dem Vulkan. Mit kaltem Wasser gemischt erreicht man die Wohlfühltemperatur, in der man sich kochen lassen möchte.
Ich erinnere mich an die Onsen in Japan und merke, dass es sich hier um das Gleiche handelt. Keiner kann mir sagen, ob man auch das Kochen von Eiern und Gemüse (onsen tomago) auch hier pflegt. Es ist ein unerwartetes Deja vú mit meinem Aufenthalt in Japan.