Tagebuch Eintrag

Ich hatte mir vorgenommen die Hauptstadt der Islamischen Republik auf eigene Faust zu erkunden. Doch noch ist Zeit und ein besonderes Ereignis ist gerade eingetreten. Das persische neue Jahr hat begonnen und ich hatte die Freude mit Leon und Sara das größte Fest des Landes mit ihrer Familie in Lavasan zu feiern. Wir besuchen Freunde und Verwandte in der Umgebung. Darüber hinaus erhalten wir von Saras Freunden eine Einladung zu einem gemeinsamen Mittagessen in einem von Teherans exklusivsten Restaurants: dem Lidoma Palace.

Ein Tisch ist bereits reserviert und wir treffen als letzte ein. Eigentlich hatte Sara einen anderen Ort erwartet. Ob es spontan umdisponiert wurde oder bei uns falsch Informationen eintrafen – ich habe es nie erfahren.

Sanfte Klaviermusik begleitet den Kellner, der unsere Bestellungen aufnimmt. Die Speisekarte ist nicht ordinär auf Papier gedruckt, sondern in Messing gebrannt. Die Freude ist bei allen groß einander zu sehen. Sara hat niemanden ihrer Freunde in den letzten Jahren gesehen und nun hat sie sogar ein Baby dabei.

Das Restaurant ähnelt wirklich einem Palast. Im obersten Stockwerk des Lidoma-Zentrum hat man eine unglaubliche Aussicht über die Stadt, das dahinter liegende Elburs-Gebirge und vor allem den hohen Milad-Tower, einem der Wahrzeichen der Stadt.

Saras Freunde sind auch mir gegenüber unglaublich freundlich. Da es ein großes Hallo von vielen Freunden ist, die sich nach langer Zeit zum ersten Mal wieder sehen, unterhalten sich natürlich alle auf Farsi. Trotzdem habe ich gute Gespräche mit den Männern, von denen mir manche stolz ihre Urlaubsfotos aus Deutschland zeigen.

Das Mahl ist üppig und lässt keine Stelle des Magens frei. Die Männer laden mich ein mit ihnen „hubble bubble“ rauchen zu gehen. Dafür gehen wir in einen separaten Raum, der die anderen Gäste vor dem Dampf der Wasserpfeifen schützt. Nach und nach kommen auch die Kinder und die Frauen hinterher, um Desserts zu sich zu nehmen. Es ist ein überaus üppiger Tag und ich muss lachen, als mir Sara am Abend mitteilt, dass uns der Aufenthalt gerade einmal 18 Euro pro Erwachsenen gekostet hat.





Der Blick über die Stadt

Die größte Metropole des Irans liegt in einem Talkessel. Für gewöhnlich ist der Smog so dicht, dass man Husten und dreckigen Auswurf der Nase hat. So geht es mir nach nur zwei Tagen in dieser Stadt. Heute regnet es und die Teheraner betrachten es als Glück. Der Dreck wird aus der Luft und vom Boden gespült und gibt eine ungewöhnlich klare Sicht frei.

Vom Dach des Lidoma-Zentrums habe ich einen besonderen Vorzug dieser Sicht. Das Gewitter kam schnell, wütete und verzog sich wieder. Der Himmel bietet fantastische Kontraste.

Das Bild, das sich bei meiner Vorstellung von Teheran bietet, ist das einer Millionenstadt und seinen Hochhäusern vor der Kulisse der schneebedeckten Berge. Diese Berge tragen auch dann eine weiße Haube wenn es in der Stadt kuschelige 40 Grad Celsius heiß sind. Genau dieses Bild habe ich jetzt auch vor mir, doch ohne den üblichen Dunst.

Teheran bietet sich mir auf den ersten Blick moderner und grüner, als ich dachte. Es gibt Alleen und moderne Glasbauten werden vor meiner Nase hochgezogen. Und das trotz einer katastrophalen Wirtschaftslage.

Der Milad-Tower, eines der drei bekanntesten Wahrzeichen Teherans, erstreckt sich nicht weit von mir in den Himmel. Die anderen beiden Wahrzeichen sind das Azadi-Tor und der Golestan Palast. Beide Wunder werde ich in den nächsten Tagen besuchen.




Siavash und sein Freund Saeid nehmen mich mit in die Stadt und zeigen mir ihre Perspektive. Ich frage, ob es auch Diskos und Partys im Verborgenen gibt und die beiden bejahen, dass es unter komplizierten Bedingungen unter Mund-zu-Mund Propaganda Ankündigungen für Ereignisse unter noch offenen Zeitpunkten und ständig wechselnden Standorten gibt.

Wir fahren in der Nacht durch die Stadt. In Berlin würden die jungen Leute auf der Straße stehen, mit dem Bier in der Hand und vor einer dröhnenden Diskothek. Hier treffen sich die jungen Leute in Cafés und trinken einen Cappuccino zusammen, während Musik von protzigen Autos kommen, die um die Straßen cruisen. Niemand hier kann sich ein ausländisches Auto leisten, geschweige denn ein Luxusmodell. Wer hier damit herumfährt muss richtig viel Geld haben. Der König ist angeblich die Mercedes G-Klasse. „Wer damit fährt, dem springt jedes Mädchen von der Straße ins Auto“, so lerne ich. Woher das Geld kommen soll ist die große Frage. Die Wirtschaft ist am Boden, die Sanktionen erlauben kaum Geschäfte zwischen dem Iran und dem Ausland. Spannend.

Die beiden schlagen für einen folgenden Tag vor zum Vergnügungsviertel Bame zu fahren. Im Norden der Stadt erheben sich die Berge und die letzten Häuser der Stadt schmiegen sich an das Gebirge. Wenn man die Serpentinen nach oben fährt gelangt man zum Ort Bame. Es ist ein Vergnügungsviertel mit Unterhaltungsformen wie Achterbahnen, Karusseln und Virtual Reality Abenteuern. Dahinter führen Skilifte die Wintersportbegeisterten bis zu den Pisten hoch auf den Bergen. Leider sind wir zu spät, um noch hinauf zu fahren und Saeid ist trotz seiner Größe kälteempfindlich und hat keine Jacke dabei.

Ich staune in die andere Richtung und lasse meinen Blick über die Stadt gleiten. Normalerweise steht der Smog wie eine Glocke über der Stadt, da sie eingekesselt in den Bergen kaum Wind hat. Vor ein paar Tagen hat es jedoch gestürmt und geregnet, daher ist die Sicht noch immer außergewöhnlich gut.

In der Ferne sieht man den Milad-Turm aufragen. Das ist das einzige Wahrzeichen, das ich von hier erkennen kann. Aber die 14-Millionen-Metropole erstreckt sich zu allen Seiten bis zum Horizont.




Wir sind auf dem Weg zurück nach Hause, nachdem wir Freunde außerhalb der Stadt besucht haben. Ich bitte Hossein am Azadi-Tor halt zu machen, als wir dort vorbeikommen. Es ist Nacht und das Wahrzeichen ist beleuchtet. Es bietet ein schönes Foto.

Nur wenige andere tummeln sich hier. Das Tor liegt auf einer riesigen Verkehrsinsel und weit ab von der Innenstadt. Das kommt mir recht und ich freue mich über das Motiv.



Das Herz der Stadt

Ich möchte wieder im Iran couchsurfen, wie schon 2018. Auch in der Hauptstadt reagieren einige auf meine Anfrage, doch nicht so viele, wie ich gedacht hätte. Ich vermute, dass wegen Noruz viele Iraner bei ihren Familien sind. Mein Reiseführer hatte damals erwähnt, dass man den Iran zu jeder Jahreszeit besuchen kann, außer zum Jahreswechsel. Nun bin ich schon zum zweiten Mal da und habe eine tolle Zeit. Wie viel besser muss es dann zu jeder anderen Zeit sein? Das muss ich in der Zukunft herausfinden.

Ich werde von Neda und Paymen in ihre Wohnung eingeladen und habe sogar den Luxus eines eigenen Zimmers. Die große Wohnung ist Teil eines großen Betonkomplexes, der wie durch copy & paste dutzende Male hintereinander einen eigenen Stadtteil bilden. Zwischen den Komplexen gibt es kleine Einkaufsstraßen mit Bäckereien, Supermärkten, Banken und allem anderen, was man zum Leben braucht. Jeder, der hier durch die Straßen läuft oder einkauft, wohnt in einer der Wohnungen in einem dieser Komplexe, die alle gleich sind. Es kann die gleiche Wohnung sein, doch zwischen Komplex 1 und Komplex 42 liegen viele Kilometer.

Paymen kommt spät abends vom Flughafen nach seiner Rückkehr von einer Geschäftsreise in der Türkei. Derweil werde ich von Neda bespaßt. Sie kocht für mich badamjan (Auberginen-Auflauf) und kuku sabzi (Petersilien-Tortilla) und wir unterhalten uns über Aktivitäten. Ihr Englisch ist nicht sehr gut, daher verlaufen unsere Gespräche etwas schwierig. Sie beeindruckt mich tief damit, dass sie schon sechs mal auf dem Damavand war dem 5610 Meter hohen Vulkan im Elbrus-Gebirge. Dieser Berg ist ein Monster und man muss die Höhe in Betracht ziehen, wenn man ihn besteigen will. Ich habe bereits viel über den Berg gelesen und hatte schon selbst damit geliebäugelt ihn zu besteigen, da er für einen 5000er relativ leicht ist. Man braucht aber viel Zeit, um sich zwischendurch an die Höhe zu gewöhnen, und sollte ein paar Tage Akklimatisation einplanen.

Neda ist da anderer Ansicht und berichtet, dass sie das letzte Mal sogar an einem Tag bis zur Spitze und wieder zurück gelaufen ist. 22 Stunden am Stück. Unglaublich.

Paymen ist gerade dabei ein Haus in Hamburg Norderstedt zu kaufen. Ich helfe ihm dabei ein Empfehlungsschreiben aufzusetzen um eine Daueraufenthaltserlaubnis zu unterstützen.



Neda nimmt sich die Zeit mich durch die Stadt zu führen. Dafür fahren wir mit der Metro zum Ferdosi-Platz, um durch das gleichnamige Viertel zu spazieren. Wir kommen durch die lange Lalehzaar Straße, in der es früher Kinos, Tanzclubs und andere Vergnügungseinrichtungen gab. Das alte Kino existiert immer noch, allerdings ist es geschlossen, und das scheinbar schon seit kurz nach der Revolution.

Wir streifen durch den großen Bazar von Teheran, der allerdings tot ist. Nicht ein Geschäft ist geöffnet. Alle frönen vermutlich dem Neujahrsurlaub und machen vermutlich gerade ein Picknick mit der ganzen Familie auf einem winzigen Flecken Grün.

Gegenüber dem Museum für Glas und Keramik, das nicht ganz meinen vollen Enthusiasmus wecken konnte, gibt es einen unscheinbaren Eingang, in den mich Neda hineinzieht.

Dahinter verbirgt sich eine Rockbar. Die Wände sind mit Fotos von Mick Jagger, Elvis und Frank Zappa dekoriert und die Musik von Aerosmith kommt aus den Lautsprechern. Eine andere Welt, denke ich zuerst. Denn dann fällt auf, dass die Frauen nach wie vor ein Kopftuch tragen und niemand an der Theke Bier zapft, sondern Tee kocht.

Die Straßen sind für die Verhältnisse Teherans wenig befahren. Trotzdem kratzt der Smog im Hals. Vor uns reparieren Leute Autos mitten auf der Straße. Keinen Platz für eine Garage zu haben hält Leute nicht davon ab eine Werkstatt zu eröffnen.



Eine ungeahnte Herausforderung ist es während der Feiertage an frisches Geld zu kommen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich dieses Problem vor vier Jahren hatte. Im Iran kann man seine eigene Kreditkarte abschreiben. Durch die Sanktionen ist das Land vom VISA und MasterCard-Programm ausgeschlossen. Man muss also genug Bargeld mitbringen. Daran habe ich gedacht. Woran ich nicht gedacht habe ist, dass die Banken und Wechselstuben, die Euros in Toman tauschen, heute geschlossen sind, da auch hier die Inhaber mit ihren Familien gerade Picknick auf einem Flecken Grün machen.

Auch wenn die Preise niedrig sind und ich auch für wenig Geld essen oder mit einem Snap-Taxi durch die ganze Stadt fahren kann rinnt mir langsam das Geld aus den Händen. Da bietet sich Paymen, Nedas Freund, an. Er gibt mir eine Karte zu einem seiner Konten. Ich gebe ihm das Geld in Euro und er überweist den Gegenbetrag auf das Konto. Er braucht es nicht mehr und überlässt mir sein Konto. Unglaublich – schon wieder.


Die Metro Teherans

Der schnellste und günstigste Weg, um in der riesigen Stadt von einem Ort zum anderen zu kommen, ist die Metro. Die Beschriftungen auf den Fahrplänen sind auf Farsi und Englisch, sodass auch ich mich orientieren kann.

Die Stationen und Bahnen sind überraschend modern. Und um einiges sauberer als zum Beispiel in Berlin.

Motive aus den Zeiten des alten Persiens zieren die Stationen. Es riecht leicht nach verbranntem Gummi, aber die Belüftung ist gut. Nur Plakate mit den Erinnerungen an das Kopftuchgebot für Frauen stören.



Persische Straßenkunst


Wir schlendern weiter durch das Ferdosi-Viertel und ich sehe viele schöne Ecken, Straßen und Bilder. In einer kleinen Marktstraße des Bazar Charm Tamadon wurden bunte Schirme aufgehängt und sogar die Pflastersteine bemalt. Ein willkommenes Motiv, nicht nur für die fotosüchtigen Iraner.

An einer Hauptstraße finden sich unerwartete altertümliche Szenen von Heeren und Schlachten. Darunter ist nur noch schwach zu entziffern ein Gedicht von Molana aufgeschrieben, einem Dichter, der in der heutigen Türkei begraben ist.



Die Schönheit des Stadtlebens

Ich hatte keine großen Vorstellungen von der Stadt und keine Wunschliste. Den Milad-Turm und das Azadi-Tor konnte ich bereits sehen. Die dritte Sehenswürdigkeit, dich ich kenne und die noch verblieben ist, ist der Golestan Palast. Durch das Ferdosi-Viertel streifen wir in aller Gelassenheit dorthin und genießen, was wir alles auf dem Weg dorthin finden.

In der Straße des 30. Tir findet ein Straßenfest statt. Es gibt viel zu essen und Kleinkünstler treten auf. Ich errege viel Aufmerksamkeit und viele Händler bitten mich, dass ich von ihrem Essen probiere, ohne zu erwarten, dass ich etwas kaufe. Sie freue mich, dass ich ihnen sage, dass es lecker ist.

Neda und ich essen etwas und trinken Tee. Neben uns liegen ein Museumsviertel und der Shar Park.

Das Museumsviertel begrüßt und durch das unglaublich schöne Tor des Nationalen Gartens. Dahinter reihen sich ein Palast nach dem anderen ein, die das Iranische Nationalmuseum, das Iran Ebrat Museum, die Nationalbibliothek und das Außenministerium beherbergen.

Am Ende wartet die Bagh-e Melli auf uns, die Universität der Künste. Ihr Baustil wirkt schon europäisch.

Wenige Straßen weiter gelangen wir auch schon zum Golestan Palast, den man von außen gar nicht besonders sieht – abgesehen von der langen Schlange an Besuchern.



Der Golestan Palast

Wo ist der Eingang zum Golestan Palast? Ach, da wo die lange, lange Schlange ist. Zu Noruz den Königspalast zu besuchen ist anscheinend nicht die kreativste Idee. Neda und ich brauchen lange, bis wir das System verstanden haben, um Eintrittskarten zu kaufen. Man muss einmal den Grund-Eintritt zahlen und dann muss man für jede Attraktion innerhalb des Palastes noch einmal Geld hinlegen. Für die Porzellansammlung, die königlichen Gemächer, den Thronraum, den Spiegelsaal… alles möchte ein zusätzliches Eintrittsgeld und für Ausländer sind die Gebühren fünf Mal so teuer. Ich verstehe, dass die Einheimischen nicht viel Geld haben und für ihre eigenen Kulturgüter nicht bluten sollen, aber gastfreundlich ist das nicht. Vor allem, da es nicht so viele ausländischen Besucher gibt, die den Aufwand rechtfertigen.

Der Palast ist nicht sehr alt. Er wurde zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert gebaut und diente den Shahs seitdem als Wohn- und Regierungssitz. Reza Pahlavi war bis zu seiner Flucht im Zuge der islamischen Revolution der letzte Monarch dort.

Nach den Revolutionsgarden wird der Palast heute von Touristen und Instagram-Foto-Motiv-Suchenden überrannt. Und natürlich den Iranern, die eine kleine Stelle Gras suchen, um Picknick zu machen.

Selfies vor den wunderschön bemalten Wänden sind Pflicht. Der Königssaal ist überlaufen. Zur Schonung der Teppiche erhalten die Besucher für ihre Schuhe Überzüge aus Plastik, die für ein Chaos vor der Ausgabe der Überzüge und einen riesigen Müllberg sorgen. Die Plastikfolien selbst halten an den Schuhen nicht und liegen als Müll in den Gängen herum.




Am Eingang zum Tarjish Bazar bin ich mit Romina und ihrer Freundin Kimia verabredet. Die beiden führen mich durch einen anderen Teil im Westen der Stadt.

Im Bazar regen die Mädchen an, dieses und jenes zu probieren. Seien es die salzigen Oliven oder die saure Früchtepaste lavashak, die Mädchen greifen in jeden Korb und reichen mir etwas.



Das Viertel von Tarjish

Romina ist gut vorbereitet und hat sich schon einen Plan für ihre Stadtführung überlegt. Nach dem Bazar besuchen wir das Baghefedoz Haus. Irgeindein Monarch ließ dieses schönes Haus mit Anlage für seine Lieblingsaffäre bauen noch immer bringt diese Anlage Vergnügen. Alles ist bunt geschmückt wie für Ostern – aber es ist Noruz.

Wir trinken einen Tee und schlendern noch einmal zurück über den Markt, um zu einer imposanten religiösen Stätte zu kommen: Imamzadeh Saleh.




Wie alle jungen und aufgeklärten Iranerinnen haben auch die beiden Mädchen für den Islam nicht das Geringste übrig. Trotzdem möchten sie mir diesen Ort zeigen. Ihr Kopftuch ist nicht genug. Am Eingang von Imamzadeh Saleh müssen die beiden Tschadore besorgen und tragen. Diese Tücher reichen über den ganzen Körper. Man findet hier nicht nur das Grab von diesem Imam Sadeh, sondern auch das eines Nuklearphysikers, der durch einen Angriff der Amerikaner ums Leben gekommen ist. Meine beiden Gastgeberinnen erklären mir, dass man diesem regierungstreuen Mann keine Träne nachweinen muss.

Sie haben kein Interesse daran den heiligen Schrein zu besuchen, also mache ich mich alleine auf den Weg. Am Eingang gebe ich meine Schuhe ab. Schuhe sind in Moscheen verboten, aber niemand hat jemals etwas gegen Socken mit Biermotiven gesagt. Ich bin stolz, den gebührenden Respekt zum Ausdruck bringen zu können, während ein Imam drinnen einen monotonen Singsang zum Besten gibt. Als ich den Mädels die Socken zeige, mit denen ich gerade durch den heiligen Schrein marschiert bin, quietschen sie vor Vergnügen. Ich finde, ich habe auch diesmal wieder meinen Beitrag zur Entehrung eines Heiligtums geleistet.




Was macht man, wenn man zu viel Zeit hat? Man sammelt Uhren oder besucht ein Museum der Zeit, in dem es Uhren zu sehen gibt, die jemand anderes gesammelt hat, der zu viel Zeit hatte. Auch hier ist viel los und wir müssen eine ganze Zeit lang anstehen.

Das Haus stammt aus einer vergangenen Zeit lange vor unserer Zeit und sein Anblick vertreibt uns die Zeit. Der Besitzer war ein reicher Kaufmann, der auf seinen Reisen Uhren sammelte.

Auf zwei Stockwerken gibt es Standuhren, Uhren für den Kamin, Taschenuhren, Sonnenuhren, Sanduhren und Wanduhren zu bewundern. Für mich ist dieses Museum allerdings relativ langweilig. Der Sammler sammelte seine Uhren vor allem im barocken Frankreich und Deutschland, also habe ich die meisten dieser Uhren so oder so ähnlich häufig in Museen daheim zu Gesicht bekommen. Schade um die Zeit.



Der Chitkar-See

Ich will meinen Ohren nicht trauen, als die Mädels vorschlagen, zu einem See zu fahren. Ein See? In Teheran? Ein Rinnsal tropfendes Wasser lässt normalerweise Scharen von iranischen Familien ihre Picknickdecken und Selfie-Sticks zücken. Was muss dann erst ein See anrichten? Ich gebe mir die Antwort selbst und werde bestätigt.

Der Parkplatz zum See gleicht dem Abwrackgelände des deutschen Automobilindustrieverbandes. Bis zum Horizont reihen sich – größtenteils schrottreife – Autos. Am Ufer gibt es das ganze Freizeit Programm: Karussells, Achterbahnen, Cafés, Parks und natürlich gefühlt Millionen Iraner mit ihren Picknickdecken.

Allerdings lassen mich Romina und Kimia wissen, dass unglaublich viele Afghanen anwesend sind und sie sich über die Ursache wundern. Die kann ich ihnen geben. Leider sind vor kurzem die Alliierten fluchtartig aus Afghanistan abgezogen.

Ebenso fluchtartig haben Millionen von Menschen ihre Heimat verlassen, um nicht den Taliban in die Hände zu fallen. Viele von diesen Leuten harren im Nachbarland Iran aus.

Niemand schwimmt, trotz der Hitze. Einerseits ist das öffentliche Entkleiden natürlich nicht gerne gesehen, andererseits handelt es sich bei dem See auch um ein Trinkwasserbecken.

Wir sitzen eine Zeit lang in einem Café und betrachten das Spektakel. Ich kann die Mädchen mit meinem Vokabular beeindrucken, besondern mit den Worten, die man öffentlich nicht aussprechen sollte. Sie sind erstaunt und amüsieren sich prächtig. Wir tauschen uns über Perspektiven des Alltags aus, bis wir uns letztendlich verabschieden und ich wieder meine eigenen Wege gehe und noch eine weitere Couchsurferin, Parisa, im Laleh Park treffen werde.




Die Zeit in Teheran vergeht viel zu schnell. Wieder einmal hat sich die persische Gastfreundschaft in allen Facetten gezeigt und ich hatte ein spannendes Come Back nach der letzten Reise. Mein Vokabular hat sich dank Sara und meiner zahlreichen persischen Freunde in der Zwischenzeit deutlich erweitert.

Ich bin gespannt die Hauptstadt in Zukunft noch einmal zu nicht-Noruz-Zeiten und im Normalzustand kennenzulernen. Jetzt schien die Metropole zu schlafen, da die Leute im Urlaub sind. Für mich geht es weiter in die Natur, die Berge und einem ganz besonderen: dem Vulkan Damavand.

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