🇹🇷 Mein Solo Trip nach Pamukkle, der Baumwollburg


Tagebuch Eintrag

Der Busbahnhof von Antalya ähnelt dem Terminal eines heruntergekommen Weltraumbahnhofs. Mit einem überraschend komfortablen Fernbus mit Entertainment-System an jedem Sitzplatz fahre ich von unserem Aufenthaltsort in Antalya in die große Stadt Denizli. Dort muss ich in einen Minibus steigen, der mich nach Pamukkale bringt. Ich bin der einzige Ausländer im Bus.

Touristen werden normalerweise mit Karawanen riesiger klimatisierter Reisebusse aus allen Hotelresorts des Landes dorthin chauffiert.

Pamukkale ist berühmt für seine Calciumterrassen und die Ruinen von Hierapolis. Ein Touristenmagnet, der in keinem Reiseführer fehlt, aber ich habe die Hoffnung, dass ich den Ort zu dieser Jahreszeit für mich habe. Ich bin so naiv.



Die Stadt ist klein und ruhig. Es ist Winter und über die Strecke durch das Taurusgebirge lag viel Schnee. Die Geschäfte und Restaurants sind geschlossen. Erst im Zentrum von Pamukkale sehe ich ein paar offene Gasthäuser. Männer rufen mir das gewohnte „My friend. Where are you from?“  zu. Jeder Mann beginnt das Gespräch auf die gleiche Weise. Jeder Mann war schon einmal in Deutschland oder hat dort Verwandtschaft. Jeder Mann kann mit mir Deutsch sprechen.

Ich fände es schön mich mit den Leuten mehr auszutauschen, aber ich erhalte immer dasselbe halbherzige Touristenprogramm. Immerhin ein Mann spricht mit mir über das katastrophale Erdbeben, das in der vergangenen Woche tausenden Menschen das Heim oder das Leben gekostet hat.



Im Gegensatz zu Geschichten von anderen habe ich bisher nie besonders viel türkische Herzlichkeit kennengelernt. Dafür war ich bisher vermutlich auch in den falschen Gegenden. Ich habe bis heute erst die Großstädte Istanbul, Izmir und Antalya kennengelernt.

Zugleich scheint über dem Land aber eine besondere Schwermut zu herrschen. Und das ist auch kein Wunder. Zwei Erdbeben innerhalb weniger Tage zerstören zahlreiche Städte an der Grenze zu Syrien.

Wellen von Flüchtlingen aus diesen Gebieten suchen Unterschlupf im Westen des Landes.

Erst kurz zuvor kamen zahlreiche Flüchtlinge aus der Ukraine in die Türkei. Davor litt das Land unter einer schweren Inflation, welche die Lira täglich weiter fallen ließ. Das geschah während der Coronakrise, die in der Türkei eine sehr hohe Sterblichkeit hatte und der mit strengen Ausgangssperren begegnet wurde. Und davor wurde die Türkei durch einen angeblichen Putsch und durch Bombenattentate in Istanbul erschüttert. All das innerhalb weniger Jahre.



Es ist erst Nachmittag und ich plane meinen Besuch der Anlage von Pamukkale für den morgigen Tag. Darum esse ich gemütlich und streiche durch die Stadt. Sucuk, Oliven, Döner, Köfte und Ayran: das Essen ist gut. Vor allem die Teekultur genieße ich. An jeder Ecke bekomme ich einen kleinen Schwarztee, sei es im Restaurant, auf der Straße oder im Bus. Eine kleine Nische zwischen Häusern reicht schon aus, um dort einen Samowar und ein paar Hocker hin zu stellen und zum Verweilen einzuladen. Zu dieser kalten Zeit schmeckt der Tee um so besser.

Die Stadt ist so klein, dass ich doch beschließe den Berg hinauf zu steigen und die sinkende Sonne für schöne Fotos zu nutzen. Das Wort „Pamukkale“ bedeutet „Baumwollburg„, weil die Kalziumformationen so flauschig aussehen.




Der Eintritt kostet umgerechnet 10 Euro und beinhaltet die flauschige Festung sowie die Ruinen der antiken griechischen Stadt dahinter. Der Kalkstein ist weiß, wie Schnee. Würde hier Schnee liegen sähe man keinen Unterschied. Der Stein ist auch so kalt wie Schnee.

Denn ab dem Punkt, an dem der Weg in den Kalkstein übergeht muss jeder barfuß laufen. Im Sommer ist das sicher spaßig, aber jetzt im Februar ist das ganz schön frisch bei 4 Grad Celsius Außentemperatur. Aber was machen einem Abenteurer schon kalte Füße?




Den Weg hinauf auf die schneeweiße Baumwollburg komme ich an den berühmten mit Wasser gefüllten Terrassen vorbei. Es muss richtig schön sein, nachdem es geregnet hat und alle diese Pools gefüllt sind. Die Aussicht ist herrlich. Die Sicht reicht über das Tal bis zu den nächsten Bergen, die hoch und schneebedeckt sind. Dazwischen steigen inzwischen einzelne Heißluftballons auf.

Über kleine Kanäle rinnt das Wasser aus den heißen Quellen des Berges hinab in das Tal. Je weiter ich hinauf steige desto wärmer wird das Wasser. Das ist gut, denn so kann ich meine Füße vor dem sicheren Erfrierungstod retten und mit der schönen Aussicht vor mir wieder auftauen lassen. Dann geht es weiter hinauf und dann stehe ich auch schon barfuß im heißen Wasser auf den Zinnen von Pamukkale – und inmitten hunderter, vor allem asiatischer – Touristen, die mit Reisebussen zum Nordeingang der Anlage gebracht wurden. Es ist Februar und unter der Woche. Ich möchte nicht wissen, was hier an einem Wochenende im Juni los ist.




Solange die Touristen sich an dieser Stelle sammeln habe ich gute Chancen für Fotos ohne Menschen in die andere Richtung. Dann widme ich mich der Hierapolis, der „Heiligen Stadt“. Auch wenn es hier seit den ersten Menschen einen Tempel gab bauen schon die Griechen hier ein Touristenparadies. Es gab öffentliche Bäder, ein großes Theater und sicher auch Casinos und Nachtclubs.

Heute ist lediglich das Theater noch gut erhalten. Obwohl die Stadt den Chroniken nach alle Kriege zwischen Griechen und Römern sowie Byzantinern und Osmanen gut überstand wurde sie immer wieder von Erdbeben zerstört. Ein Schicksal, das sich durch die Geschichte der Region zieht.





Zu meiner Überraschung höre ich Spanisch um mich herum und ich komme ins Gespräch mit Danila und Alejandra. Die Frau und ihre Tochter sind sehr erfreut, als ich ihnen davon erzähle, dass ich vor einer Woche noch im warmen Medellin war und die beiden staunen über meine Erzählung von der Südamerikareise.

Zum Sonnenuntergang komme ich zu sehr schönen Fotos, trotz der Massen an Touristen. Ich weiß nicht, wohin all diese Menschen verschwinden.

Vermutlich bringen die Reisebussen die Menschen wieder in die großen Städte, denn der Ort Pamukkale ist wieder verwaist, sobald ich im Dunklen durch die Straßen gehe und das vertraute „My friend! Where are you from?“ begrüßt mich.

Bei Sonnenaufgang nehme ich den Bus wieder zurück an die Küste und nach Antalya.



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