Tagebuch Eintrag
Nach der wunderbaren Fahrt durch die Pampa des Pantanal kommen wir etwas angeschlagen mit unserer kaputten Markise in der Zivilisation an. Wir erreichen Aquidauana und schlagen unser Lager auf der Rancho Pirapora auf, die nicht weit von der Stadt entfernt liegt.
Dort empfängt uns Senhor Jefferson, ein netter alter Mann, der gerne auf seinem Handy spielt, wenn er nichts zu tun hat. Da wir die einzigen Gäste sind hat er die meiste Zeit nichts zu tun.
Die Ranch liegt unmittelbar an ein paar Feuchtgebieten, in denen man viele Vögel sehen kann. Der Rio Aquidauana führt nur wenige hundert Meter an der Farm vorbei. Man bekommt ein Gefühl davon im brasilianischen Urwald zu sein.
Das Wasser treibt langsam dahin und wird gesäumt von tropischem Busch. Aras fliegen über unsere Köpfe und Tuane machen ein Konzert wie eine Bigband mit kaputten Trompeten.
Die Stimmung ist schön auf der Farm. Es ist warm, überall sehen wir exotische Tiere, wir sind die einzigen und können machen, was wir wollen. Senhor Jefferson unterhält sich gerne mit uns und hilft mir mit Kabeln aus, als ich an der Elektrik im Auto schraube.
Besonders hat er Leon ins Herz geschlossen. Abends essen wir Fisch aus dem Fluss, trinken Wein und lauschen dem lauten Konzert der Insekten und Vögel.
Das Pantanal ist sehr ländlich geprägt und steht im Zeichen des Konfliktes zwischen Farmern und dem Umweltschutz. Generell gewinnen die Farmer und nehmen sich Stück für Stück mehr von dem riesigen Naturschutzgebiet. Jaguare werden gejagt, da sie eine Gefahr für das Vieh sind und wenn ein Jaguar schon tot ist oder der Busch brennt führen die Nachforschungen ins Nichts, falls es überhaupt welche gibt. Die Bevölkerung hält vom Umweltschutz nichts und eifert für Bolsonaro, der den Farmern mehr Rechte für die Erschließung des Landes der Naturschutzgebiete zusagt. Die Gegend um Aquidauana ist in diesem Sinne geprägt und traditionell. In der Stadt sehe ich sogar drei Cowboys auf ihren Pferden an einem Laden einkaufen.
Wir schauen uns die Stadt Aquidauana an und gehen dort mehrmals einkaufen. Es gibt eine schöne Kirche und viel Busch um die Stadt herum. Auf der Suche nach einer elektrischen Sicherung lerne ich schnell die ganze Stadt kennen.
Senhor Jefferson kennt sofort jemanden, der die Markise reparieren kann. Da die Stadt klein ist rechne ich nicht unbedingt mit Experten, aber ich habe zumindest die Hoffnung, dass es durch den Tourismus vielleicht ein paar Leute zu etwas Erfahrung mit Campern gebracht haben. Ein alter und ein junger Mann schauen sich das ganze an und machen mir einen Kostenvoranschlag. Dann nehmen sie den Wagen in ihre Werkstatt und rufen nach drei Stunden an, damit ich den Bus wieder abhole. Mein Enthusiasmus darüber, dass das Problem so schnell gelöst ist, wird aber schnell dadurch getrübt, dass ich sehe, dass die zwei „Profis“ die Teile der Markise einfach nur brutal mit zwei Holzschrauben zusammengefasst haben. Viel Vertrauen habe ich nicht in diese Lösung.
Ich feiere auch meinen Geburtstag. Sara hat im Geheimen eine Torte in Auftrag gegeben, an der wir noch die nächsten Tage essen werden. Der Tag ist entspannt, wir essen wieder gut und ich bastle am Auto. Leider beginnt es am Tag darauf zu regnen, was unsere Pläne weiter ins Pantanal hinein zu fahren um ein paar Tage verzögert. Es ist mitten in der Trockenzeit, als es beginnt für zwei Tage zu regnen, und wir wollen in einen der größten Sümpfe. Na super. Es hätte einfach sein können.
Auf der Farm gibt es auch ein Haus mit Billardtischen. Nicht nur Sara und ich spielen dort ein paar Kugeln. Leon findet auch Spaß am Spiel und am Einlochen der Kugeln. Außerdem macht er seine ersten Schritte mit uns an der Hand.
Wir bleiben zwei weitere Tage und überlegen, ob wir zu dem Touristenort Bonito fahren, um abzuwarten, bis es wieder trocken ist. Mein Albtraum, überall künstliche Attraktionen für den Massentourismus. Am ersten Tag mit Sonne sieht aber überraschenderweise sehr trocken aus, also versuchen wir nach unserem alten Plan und fahren nach Norden ins wilde Pantanal.