Tagebuch Eintrag
Wir sind alleine. Mitten im Niemandsland Sibirien. In Jakutien. Im Land der Ewenen. In einer der abgeschiedensten und einsamsten Gegenden der Welt. Vom Rentierlager der Ewenen sind wir mit Pferden einen Tagesritt entfernt zu dem Fluss Tara Sala gelangt. Nachdem unser Plan, den Sobopol entlang bis zur Lena zu paddeln, aufgrund von Wassermangel gescheitert ist, mussten wir einen neuen Plan machen.
Dieser Fluss hier scheint erstmal vielversprechend zu sein. Er ist an dieser Stelle tief genug, dass wir sogar angeln können. Wenn sich aber herausstellt, dass der Fluss nicht mit dem Kajak befahrbar ist, dann haben wir ein großes Problem. Mit all unserem Gepäck und dem Boot bis zur nächsten Siedlung zu kommen würde Wochen dauern.
Uns darf uns passieren. Hier findet uns niemand.
Wir bauen das Boot auf und können den Tag über tatsächlich Treideln und Paddeln. Wir machen Strecke, doch das Gewässer ist tückisch.
Eigentlich waren wir auf einen ruhigen, großen Fluss eingestellt, den wir einfach entlangtreiben können. Doch die Tara Sala scheint ein Wildwasser zu sein!
Dieser Fluss hier scheint erstmal vielversprechend zu sein.
Wenn sich herausstellt, dass der Fluss nicht mit dem Kajak befahrbar ist, dann haben wir ein großes Problem. Mit all unserem Gepäck und dem Boot bis zur nächsten Siedlung zu kommen würde Wochen dauern.
Dann passiert es auch schon: an einem Ast im Wasser kentern wir. Zum Glück ist alles wasserdicht verpackt. Nach einem Schreck fahren wir weiter.
Kurz darauf kommen wir an eine andere Stelle mit hoher Strömung, an dem uns wieder ein quer über den Fluss liegender Baum zum Ausstieg zwingt.
Es ist passiert: Wir sind gekentert!
Es ist das erste von dutzenden Malen.
Wir hätten nicht gedacht, dass es so gefährlich werden wird
Drei Bäche mit hoher Strömung kommen hier am dieser Stelle zusammen und beim Versuch das andere begehbare Ufer zu erreichen kippt das Boot in unseren Händen und liegt kopfüber im Wasser. Gut, dass alles wasserdicht verstaut und gesichert ist.
Mit letzter übermenschlicher Kraft ziehe ich das gekippte Boot aus der Hauptströmung in eine Kehre, wo wir es in Ruhe drehen können. Wir beschließen zusammen an einer Leine das Boot auf die andere Seite zu bringen.
Das gelingt. Wir können einsteigen und durch die heftige Strömung hindurchfahren. Dennoch rammen wir an anderer Stelle einen toten Baum mit fiesen spitzen Wurzeln und sind froh, dass das Boot nur ein paar Schrammen abbekommt. Dann geht es an einer sehr schwierigen Stelle in eine enge Kurve, die uns stark gegen spitze Felsen drückt – auch hier haben wir Glück und es passiert nichts.
Wir sind schon wieder gekentert!
Die Tara Sala ist ein Wildwasser!
Häufig müssen wir aussteigen und treideln, da das Wasser zu seicht wird. Oft teilt sich der Fluss und wir können kaum entscheiden, welchen der kleinen Arme wir verfolgen sollen. Einmal haben wir kein Glück und wir bemerken erst spät, dass dieser Arm nicht wieder sofort in die Tara Sala zurück fließt. Der Arm wird eng und immer mehr Totholz macht uns zu schaffen.
Eine Stelle müssen wir mit viel Adrenalin durchtreideln, da dicke Äste quer liegen und das Wasser dahinter einen tiefen wütend sprudelnden Kessel gebildet hat. Wir haben kaum Zeit uns zu erholen, da wartet schon die nächste Herausforderung auf uns.
Ein halber Wald scheint hier im Wasser gelandet zu sein und bildet eine regelrechte Dammlandschaft. Es gibt keine Chance hier hindurchzufahren. Wir treideln so weit es geht, dann müssen wir alles abladen und Gepäck sowie das Boot über totes einbrechendes Holz und trügerischen Morast tragen. Wir schaffen es, doch wir sind vollkommen erledigt.
Wir nehmen einen weiteren kleineren harmlos aussehenden Seitenarm, landen an einer Wiese umsäumt von Büschen und präsentieren uns den Stechmücken als Hauptgericht. Wir prüfen unser Habe auf Verluste oder Nässe. Wir haben leider zwei von drei Wasserflaschen verloren und ein paar andere Dinge sind nass geworden, aber nichts Schlimmes ist passiert.
Es ist wie ein lebendig gewordener Thriller: Hinter jeder Kurve wartet eine neue, Lebensbedrohliche Situation auf uns!
Es ist spät und die lästigen kleinen Vampire machen uns das Leben so schwer, dass wir alle Abwehrmaßnahmen ergreifen müssen, die wir haben. Moskitonetz für unsere Hüte, lange Kleidung und Neoprenhandschuhe.
Unser Mückenmittel hatte ich durch ein Missgeschick zwei Tage zuvor verloren.
Ich baue aus einer Sicherheitsleine, einer Tasse und einem Tee-Ei einen Bärenalarm.
Nach einem Lagerfeuer und Spaghetti kriechen wir ins Zelt. Wir hoffen am nächsten Tag den Hauptfluss ohne weitere halsbrecherische Aktionen erreichen zu können und einfach in tiefem Wasser im Kajak entspannen zu können.
Leider wird unser Wunsch nicht erfüllt. Neben weiteren Gefahren auf dem Fluss wird uns auch noch ein Waldbrand in die Quere kommen.