Tagebuch Eintrag
Als wir Miranda verlassen und den öden Highway entlang fahren bricht der Kontakt zur Wildnis nicht komplett ab und selbst hier gibt es Tiere zu sehen. Unterwegs sehen wir wieder Tukane über uns hinweg fliegen und unter Brücken tummeln sich Massen an Kaimane in seichten Tümpeln. Geier tummeln sich zwischen den Reptilien. Diese Art der Alligatoren ist nicht riesig, aber spielen würde man nicht mit den Echsen. Zwischen den kleinen Exemplaren sticht hin und wieder ein sehr großer Bursche hervor.
Die Kaimane sonnen sich am Ufer oder treiben ganz langsam im trüben Wasser dahin. Mir ist unerklärlich, wovon sich all diese Fleischfresser ernähren. Unterwegs kommen wir immer wieder an ähnliche Gewässer, die voller Kaimane sind.
Wir erreichen eine Gabelung der Straße. Links geht es die Landstraße weiter in Richtung Bolivien. Der Highway ist voller Schwerlastverkehr. Wir biegen nach rechts in end kaputte Schotterstraße ab, die wieder zurück in das Naturschutzgebiete führt.
Wir überqueren den Rio Miranda und sehen zahlreiche Ausflugsschiffe dort. Der Massentourismus hat auch hier einen Brückenkopf.
Wir fahren weiter, um einen stillen Ort für die Nacht zu finden. Die Straße bietet zum Sonnenuntergang die Sichtung vieler Tiere. An einer Brücke fliegt eine Harpye direkt an uns vorbei und auf der anderen Seite huscht scheu ein Aguti in den Busch.
Nach Empfehlung von iOverlander finden wir auf der Karte einen Ort hinter einer Brücke direkt an der Straße. Zum ersten Mal sind wir nicht die einzigen an einem dieser Orte und wir sehen, dass dort schon ein kleiner gelber Van angehalten hat. Im Tümpel unter uns tummeln sich weitere kleine Alligatoren. Dazwischen sehe ich den Kadaver eines der Reptilien. Bizarr. Es wird spät und wir stellen uns den Nachbarn für die Nacht vor. Benjamin und Annie sind aus Belgien und mit ihrem L300 auch schon seit ein paar Monaten unterwegs. Sie erzählen uns, dass sie an dem Fluss selbst eine Tour mit Guide gemacht haben.
Der Tourguide muss ein wenig schräg gewesen sein, das betonen die beiden Belgier, während sie über den selbsternannten „Jaguar Man“ erzählen. Der Mann erzählte ihnen von diesem Ort.
Hier soll es einen Jaguar geben, der regelmäßig einen Alligatoren erlegt. Zwei kopflose Kadaver sehen wir tatsächlich im Tümpel und es ist wahrscheinlich, dass der Jaguar zurückkehrt und seine Mahlzeit dort beendet.
Die beiden Belgier zeigen uns die Kratzspuren am Baum neben dem Tümpel und unseren Fahrzeugen, die das Territorium dieser Katze anzeigt. Unter Umständen ist es nicht besonders klug, genau hier abends neben hohem Gras draußen zu sitzen und bei Kerzenschein und Bier über das Reisen zu sprechen. Diese Gedanken kommen mir in der Dämmerung, als ich mein Bier absetze und ein Alligator ein paar Meter von uns entfernt gemächlich die Straße überquert.
Der Vollmond geht auf und die Geräusche über dem Pantanal nehmen zu. Es wird ein bisschen gruselig und wir wagen es nicht in der Nacht nochmal draußen pinkeln zu gehen. Ich habe den Eindruck, draußen das Gebrüll einer großen Katze zu hören.
Die Sonne füllt das Pantanal mit rotem Licht und wir leben alle noch. Trotz der Lage weit jeder Stadt war viel Verkehr. Einige Lastwagen und Pick-ups sind selbst in der Nacht an uns vorbei gefahren. Ich schaue draußen nach Spuren vom Jaguar. Ich finde keine. Zum Glück oder leider? Stattdessen trottet ein Otter über die Straße.
Ich schaue bei den Kaimanen nach. Einen davon hat es erwischt und die Geier machen sich über die Reste her. Besser die Echse als wir.. Ein Japiru fischt in den Strahlen der Morgensonne, die Echsen haben sich im Wasser zwischen den Pflanzen versteckt und in den Bäumen veranstalten die Vögel ein lautes Konzert. Sara kommt mit Leon heraus, aber ich habe kein gutes Gefühl dabei die beiden nahe dem hohen Gras und dem Zuhause eines Jaguars zur Jagdzeit spazieren zu lassen.
Wir machen Frühstück und uns fertig. Da taucht der Jaguar Man mit einem älteren Ehepaar in einem Ford Fiesta auf. Ich erkenne den Jaguar Man sofort, da er wie ein Cowboy läuft, eine Weste und Stiefel sowie einen Pferdeschwanz trägt. Während er auf uns zugeht bindet er sich sehr sehr langsam ein sehr sehr großes Buschmesser um.
Der Mann grüßt uns auf Englisch und erkundigt sich nach dem belgischen Pärchen, das noch in seinem Mitsubishi schnarcht. Ob es ihnen gut geht, ob sie in der Nacht draußen waren. Ob wir das waren entgeht dem Jaguar Dundee.
Er erzählt uns dieselbe Geschichte nochmal, das der Jaguar mit Kind direkt da unten im Gebüsch lebt und dass gerade Paarungszeit ist und daher die Jaguare besonders aggressiv sind. Er hat bei einem Jaguar Forschungsprojekt gearbeitet. 19 Jaguare soll es hier entlang der Straße geben. Er verabschiedet sich und schaut etwas nachlässig, ob die Senioren nicht doch während seiner Abwesenheit eventuell von einem Jaguar oder einem Alligator gefressen wurden, bevor sie in ihrem nicht sehr beeindruckenden Fiesta davonfahren.
Annelie ist wenig später auf und schaut ebenfalls nach der großen Raubkatze. Die Nacht hat auch sie nichts bemerkt.
Wir verabschieden uns und fahren die Straße gen Norden. Noch an einigen Tümpeln finden wir Kaimane. „Krokodilverseucht“ würde die Gegend in einem Abenteuerbuch beschreiben.