Tagebuch Eintrag
Wir leben uns im Paradies von Bahia Solano ein. Es ist Uwes Geburtstag und wir gehen den Tag ruhig an. Wir chillen am Strand, lassen uns von den hohen Wellen durchschütteln und genießen etliche Bier bei Santiago, der uns erzählt, dass er Anwalt in Bogota war und seinen Job an den Nagel gehangen hat, um hier zu leben.
Ich habe für Uwe und mich eine Nachtwanderung in den Dschungel organisiert, um die Tiere der Dunkelheit zu sehen. Bei Sonnenuntergang geht es mit dem Guide Manuel los. Uns begleitet nur noch der Belgier Pierre.
Bahia Solano ist ein Aussteigerparadies
Wir wandern bis zum Ende des Playa Almejal und bekommen jeder ein Paar Gummistiefel in die Hand. Die brauchen wir auch dringend. Es geht steil den Berg durch das dichte Gestrüpp und es ist sehr matschig. Der Anstieg ist sehr anstrengend. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht ausrutschen. Es ist außerdem so schwül, dass uns gleich der Schweiß in Strömen über die Haut läuft.
Nach einem regelrechten Gewaltmarsch von einer Stunde erreichen wir zu Sonnenuntergang das Plateau.
Wir machen eine Pause und können über den Wald und das Meer sehen. Es ist ein schöner Moment. Wir trinken etwas und bereiten uns darauf vor, uns den Kreaturen der Nacht zu stellen.
Was auch immer passiert – Nicht! Aussrutschen! Du weißt nicht, auf welchem giftigen Tier du landen könntest
Schnell wird es dunkel und wir sind auf unsere Stirnlampen angewiesen. Wir sehen diverse Arten von giftigen Spinnen und sogar eine dicke Vogelspinne. Auch einen hochgiftigen roten Pfeilgiftfrosch bekommen wir zu Gesicht.
Der Adrenalinpegel steigt. Ich sehe nur vor mir, was durch den Kegel des Lichts meiner Stirnlampe beleuchtet ist, daneben ist es stockdunkel, aber so heiß, dass uns der Schweiß in Strömen über den Körper rinnt.
Ich will nicht ausrutschen oder über eine Wurzel stolpern, denn allein sich irgendwo abzustützen würde bedeuten, dass man aus Versehen in eine giftige Tarantel greift. Die Augen der schwarzen Spinnen reflektieren selbst geringes Licht und kleine weiße Punkte sind überall um uns herum zu sehen. Auf dem Weg begegnen uns noch andere insektoide Monster, Geißelspinnen: eine hybriden Mischung mit der Form einer Spinne und eines Skorpions.
Dann kriecht auch eine kleine Schlange direkt vor uns auf dem Weg. Das Reptil sieht nicht sehr beeindruckend aus, aber Manuel sagt, dass dies die giftigste Schlange Kolumbiens und sehr aggressiv ist. Es ist eine Bananennatter. Als sie ins Gebüsch verschwinden will springt Manuel hinterher und zieht an der Schlange, bis sie wie ein gespanntes Gummiband zurückspringt und vor unseren Füßen nach einem Opfer sucht. „Alexander, mach Fotos“ ruft Manuel, während ich mir Mühe gebe am Leben zu bleiben und Mitleid mit der Schlange habe.
„ALEXANDER, MACH FOTOS“ – SIND DIE WORTE MEINES FÜHRERS, BEVOR ER MIR EINE GIFTIGE SCHLANGE INS GESICHT WIRFT.
Ich bestätige Manuel, dass ich genug Fotos habe, obwohl ich nicht einmal den Auslöser gedrückt habe.
Der Prozess wiederholt sich noch bei drei weiteren Schlangen und ich frage Manuel, ob wir einfach denselben Weg zurück gehen, wenn ihm etwas passiert. Unser Führer fühlt sich dadurch aber in seiner Ehre gekränkt. Er wüsste sehr wohl, was er tut. Immerhin antwortet er diesmal ausnahmsweise auf eine meiner Fragen mit einer Antwort, die Sinn ergibt. Sonst antwortet Manuel stets mit etwas, das mir nicht weiter hilft. Zum Bespiel, wenn ich drei Mal frage, ob wir denselben Weg zurück gehen. „Wir gehen runter“ erfahre ich, als wenn ich es nicht bemerken würde. Auch Pierres Frage nach Anacondas ergibt nur eine Information über das Wetter.
Als wir „unten“ angekommen sind erreichen wir einen kleinen Wasserfall, in dem bemerkenswert große Flusskrebse schwimmen.
Überall sieht man weiße, leuchtende Punkte in der Dunkelheit. Das sind keine Glühwürmchen, sondern die Reflektionen der Augen Riesiger Spinnen.
Wir schlagen Manuels Einladung aus, dort zu schwimmen, auch wenn mir eine Dusche sehr willkommen wäre. Aber noch immer sehe ich überall weiße Punkte am Horizont des Lichtkegels.
Ich weiß nicht, welche tierischen „Freunde“ mit den Flusskrebsen im Wasser schwimmen und natürlich habe ich auch keine Badehose dabei. Manuel scheint sichtlich überrascht, dass weder Uwe, Pierre oder ich Hals über Kopf in das Wasser voller namenloser Schrecken springen.
Wir waten durch das Rinnsal, das sich von dem Wasserfall entfernt und nicht zum ersten Mal sind wir froh über die hohen Gummistiefel, die meine Füße in Mangel an Socken bereits blutig gerieben haben.
Dann gelangen wir an einen Fluss, in dem wir in der Dunkelheit ein Einbaum sowie zwei Personen erkennen können. Der Anblick ist dann wohl die Antwort auf meine Frage nach der Art unserer Rückkehr.
Das Wasser ist sehr seicht und Manuel drückt das schmale Boot mit einem langen Stecken vorwärts. Überall am Ufer sehe ich winzige weiße Punkte.
Sobald das Wasser tiefer geworden ist wirft der andere Mann einen Außenborder Motor an und es geht schnell durch die Dunkelheit. Zu den weißen Punkten gesellen sich große rote Punkte. Das sind die Augen der Kaimane, erfahre ich. Die Körper der großen Echsen können wir allerdings nicht erkennen. Dafür sehen wir große Fledermäuse, die sich unter einer einer Brücke über den Fluss eingerichtet haben.
Am Ende erreichen wir das Dorf El Valle und können von dort wieder zurück in unser Hostel am Playa El Almejal laufen. In den nächsten Tagen erkunden wir auch das Dorf und lernen es bei Tageslicht kennen.