Tagebuch Eintrag
Mit einem Nachtbus fahre ich von meiner Unterkunft in Antalya nach Kappadokien im zentralen Anatolien. Acht Stunden dauert die Fahrt und vor Sonnenaufgang erreiche die kleine Stadt Göreme, nahe Nevşehir. Im Dunklen strauchle ich durch die stille Stadt und hinaus in ein schwarzes Nichts über Sandstein, gefrorene Pisten und durch Büsche. Langsam färbt sich der Himmel leicht blau und Konturen der Sandsteintürme und -berge lassen sich erkennen, während ich mich einen Hügel hinauf kämpfe.
Es ist unter null Grad Celsius warm. Mein Atem friert in der Luft und meine Hände werden taub, aber der Anstieg wärmt mich.
Endlich erreiche ich die Spitze, pünktlich vor Sonnenaufgang, wo sich hier ein unglaubliches Spektakel abspielt. Hunderte bunter Heißluftballons steigen gleichzeitig mit den ersten Strahlen der Sonne zum Himmel hinauf und über die unglaubliche Landschaft aus Sandsteintürmen und ausgehöhlten Bergen. Theoretisch.
In der Dunkelheit kämpfe ich mich durch das Labyrinth aus Sandsteintürmen, um rechtzeitig zu Sonnenaufgang die aufsteigenden Heißluftballons zu sehen!
Willkommen zurück in der Realität. Denn dort, wo die Ballons starten sollten, herrscht gähnende Leere. Die ersten Sonnenstrahlen kommen über den Berggrat und erleuchten die gegenüberliegende Burg von Uçhisar beeindruckend. Es fehlen lediglich die Ballons für eines der bekanntesten Instagram Motive der Welt. Nicht heute.
Willkommen zurück in der Realität
Trotz den fehlenden Ballons habe ich einen tollen Morgen. Durch Fotos von allen möglichen Influencern oder Reiseagenturen habe ich Bilder dieser schönen Landschaft im Kopf.
Wie durch einen sich öffnenden Vorhang wird mir diese Landschaft durch die aufgehende Sonne präsentiert.
Es ist unglaublich schön.
Die aufragenden Türme aus Sandstein und die großen Brocken, in denen Menschen in vergangenen Jahrhunderten Fenster und Türen herausgegraben haben, lassen mich in ein Land aus Märchen und Geschichten hineinversetzen.
Ich sehe in der Entfernung ein paar Gestalten, die, wie ich, vermutlich noch ein Feuerwerk aus aufsteigenden Heißluftballons erwartet hatten. Ein Pärchen blickt von einem anderen Hügel in die Weite und vier junge Frauen machen Fotos in schönen Kleidern auf Cabrio Oldtimer Autos. Alle stammen aus Singapur, wie ich im Gespräch mit ihnen erfahre.
Keine Ballons. Was für ein Pech!
Das Pärchen nimmt mich mit ihrem Leihwagen wieder mit nach Göreme und verabschiedet sich dann zum Skifahren. Ich suche mir ein Café zum Frühstücken, dann geht es auch schon weiter im Programm. Ich buche eine der lokalen Tagestouren und nach dem letzten Tropfen heißen Tees auf meinen Lippen geht es auch schon los.
Die Reisegruppe ist langweilig, aber ich erhalte die Gelegenheit, etwas rund um Göreme und Uçhisar herumzukommen. Und durch eine Reiseführerin erfahre ich auch etwas über die Geschichte dieser Höhlenbauten.
Die Heißluftballons fliegen 365 Tage im Jahr. Es sei denn, dass die Türkische Flugsicherheit kein grünes Licht gibt. Da es so gut wie nie regnet passiert das für gewöhnlich nur, wenn der Wind zu stark ist. Dann kann es sein, dass auch für ein paar Tage kein Ballon starten darf. Das ist allerdings selten der Fall – so erzählt man mir.
Heißluftballons
Ich habe mich aus purer Abenteuerlust und etwas Sparsamkeit dazu hingerissen im Mehrbettzimmer eines Hostels zu übernachten. Aber das „Dorm Cave“ ist sauber und auch spannend. Das Haus ist, wie die meisten Häuser der Stadt, im traditionellen Stil gebaut worden und teilweise aus geschichteten Steinen, teilweise aus Höhlen in den Boden, errichtet worden.
Das Mehrbettzimmer ist in einer solchen Höhle, voller Betten und Teppichen. Draußen gibt es Terrassen und das Frühstück ist ein fantastisches All-you-can-eat Buffet aus Börek, Salaten, Oliven, Pommes Frites, Früchten und mehr.
Die kleine Stadt ist zauberhaft beleuchtet und lädt zu einer Fototour ein. Ich muss nur aufpassen, dass ich zwischen den Löchern im Boden, den unregelmäßig gehauenen Steinen und dem Eis nicht zu Fall komme.
Die Nacht hat ihren besonderen Zauber.
Zu Abend esse ich in einer anderen Höhle von Wichtelhausen. Im Wooden Spoon sitze ich mit meinen Freunden Ayran und Chai auf dem Boden und bekomme Eintopf in einem Keramikbecher serviert, den man mir erst einmal mit dem Hammer aufschlagen muss.
Morgen starte ich einen neuen Versuch und werde mich in aller Frühe aufmachen, um auf einen Hügel zu steigen.
Wird es Heißluftballons geben?
Es ist meine letzte Gelegenheit sein, denn dann muss ich wieder meine Reise nach Antalya antreten und danach geht es nach Izmir.