Tagebuch Eintrag
Es ist wieder soweit. Eine große Reise mit unserem kleinen Sohn steht an. Die Eindrücke unserer langen Reise mit dem kleinen Leon durch Südamerika sind in den Erinnerungen schon weit verblasst. Genau vor einem Jahr kamen wir von Kolumbien zurück nach Europa. Heute fliegen wir wieder weg, wieder nach Osten. Unser Ziel ist Sri Lanka!
Bevor wir zur der schönen Insel in Südasien kommen müssen wir einen Zwischenstopp einlegen. Die meisten Flüge führen über eine Stadt der Arabischen Emirate. Wir entscheiden uns dafür eine Nacht in Dubai zu verbringen, den Flug zu entspannen und die Chance zu nutzen, die berühmte Stadt zu sehen.
Wie auch schon bei unserer Reise nach Südamerika warten einige Tücken auf uns. Wieder streikt Flughafenpersonal, dazu streikt auch noch Bahnpersonal und die Straßen sind voll.
Dann stellt sich als Problem heraus, dass der Kinderreisepass Leons nur noch 5 1/2 Monate statt 6 Monate Gültigkeit hat.
Die Mitarbeiterin von Emirates will uns schon abweisen, doch eindringliche und beschwichtigende Worte helfen, um ihren Vorgesetzten einzuschalten, der für uns sogar in Colombo anruft und herausfindet, dass diese Formalie mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht interessiert. Wir dürfen fliegen!
Fast wäre unsere Reise hier schon wegen einem Kinderreisepass gescheitert
Im Flugzeug lernen wir eine andere Familie kennen, die gerade zu drei Monaten Elternzeit in Australien aufbrechen. Wir freuen uns für sie und machen ein paar Fotos zusammen.
Bei der Einreise in Dubai erhalten wir sogar SIM-Karten, die uns 24 Stunden gratis mit mobilem Internet versorgen.
Unser Hotel liegt in Sichtweite von unserem Terminal. Nur eine Straße trennt uns von der Unterkunft. Und doch müssen wir eine halbe Stunde warten, bis ein Bus kommt, der einen zwanzig Minuten langen Bogen fahren muss, bis er uns vor dem Hotel absetzen kann. Die Stadt wurde für Autos gebaut.
Dubai wurde für Autos gebaut
Es ist zwar spät und wir müssen dringend etwas essen. Aber wegen der Zeitverschiebung und der Aufregung darüber ein neues Land kennenzulernen schnappen wir uns ein Taxi und lassen uns nochmal in die Innenstadt fahren. Wenn kein starker Verkehr herrscht ist man in zwanzig Minuten mitten im Zentrum.
Wir haben im Vorfeld natürlich schon viele Bilder von Dubai gesehen. In der Nacht ist diese Stadt eine Sensation. Wir fahren zum Museum der Zukunft – einem großen, beleuchteten Donut, um dieses eindrucksvolle Gebäude aus der Nähe zu sehen. Leider ist es schon geschlossen.
Wir bewundern die Stadt nur kurz bei Nacht und nehmen direkt wieder ein Taxi zurück zu unserem Hotel am Flughafen.
Am nächsten Morgen brechen wir nach einem üppigen Frühstück mit einer großen Auswahl aus den Küchen Europas, des Mittleren Osten und des indischen Raumes wieder in die Stadt auf.
Das Gepäck verwahren wir im Flughafen.
Obwohl der Flughafen Dubais einer der modernsten der Welt ist wirkt die Gepäckaufbewahrung dort wie ein provisorischer Stauraum, der von Leuten organisiert wird, die Praktikanten sind oder eine Strafe verbüßen müssen. Ich werde froh sein, wenn ich unser Gepäck von dort heil und vollständig zurück bekomme.
Entweder haben die Leute ein Shuttle zu ihrem Hotel oder einen Ferrari zu ihrer Wohnung.
Vom Flughafen führt eine Bahnlinie zu den Sehenswürdigkeiten im Zentrum der Stadt. Zum Glück, denn die Straßen der Stadt sind zu den Arbeitsstunden gnadenlos überfüllt.
Die Rote Linie ist mit knapp 53 Kilometern die längste Strecke, die von einem unbemannten Zug gefahren wird!
Nur wenige Menschen nehmen die Metro vom Flughafen in die Stadt. Entweder haben die Leute ein Shuttle zu ihrem Hotel oder einen Ferrari zu ihrer Wohnung.
Der Zug füllt sich trotzdem, und zwar mit den billigen Arbeitskräften aus dem Ausland, von denen Dubai abhängt. Wenige Stationen hinter dem Flughafen ist die Metro schon gnadenlos voll. Damit haben wir nicht gerechnet. Im Zentrum müssen wir uns aus dem Wagen herausdrücken. Trotzdem war die Fahrt günstig und schneller, als mit einem Taxi.
Ganz oben auf unserer Liste steht der Besuch des höchsten Gebäudes der Welt (Stand 2024), dem Burj Khalifa. Wir fahren allerdings nicht direkt dorthin, sondern gegenüber. In einem Gebäude nahe dem hohen Turm sind die Sky Vies Observatories untergebracht. Gegen eine kleine, teure Aufwandsentschädigung können wir dort das Burj Khalifa auf Augenhöhe sehen, über Glasböden laufen und eine Glasrutsche hinabgleiten. Für ganz besondere Enthusiasten ohne Höhenangst gibt es die Möglichkeit, draußen im Freien mit Seilen gesichert seine Fotos ohne Scheiben zu machen.
Gerade der Glasboden der Aussichtsplattform macht vielen Besucherinnen große Schwierigkeiten. Es ist lustig die Menschen dabei zu beobachten, wie sie sich an den Rand quetschen und versuchen ihre Füße nur auf Stellen zu setzen, die garantiert mit Stahl unterbaut sind.
Leon verschläft den Blick auf das Burj Kalifa leider. Er ist in der Bahn eingeschlafen und schlummert tief.
Die Metrostation ist mit „Dubai Mall“ ausgeschrieben, also gehen wir einen langen Tunnel entlang, um auch dieses riesige Einkaufszentrum mit eigenen Augen zu sehen. Allerdings hat kein Schild gesagt, dass wir gleich zwei Kilometer lang diese Tunnel laufen. Es dauert zwanzig Minuten, bis wir über Tunnel und Korridore, Brücken und Schächte endlich in der Dubai Mall ankommen.
Letztendlich brauchen wir so viel Zeit, um zu der Mall zu kommen, dass wir gar keine Zeit mehr haben, um sie uns richtig anzusehen. Wir suchen nur noch Windeln, die wir nicht finden, und müssen schon wieder den Rückweg antreten. Die ganzen Tunnel zurück zur Metro, die Bahn zum Flughafen und unser hoffentlich noch existierendes Gepäck finden. Das dauert Zeit.
Es gibt viele Menschen, die begeistert von Dubai sind. Ich habe schon einige Leute kennengelernt, die zum Arbeiten hierher gekommen sind. Die Faszination habe ich nie verstanden. Durch meinen Besuch in Doha habe ich einen Einblick in das Leben in arabischen Städten am Persischen Golf gewonnen und fand es entsetzlich. Dubai war auf meiner Bucket List ganz weit unten. Aber schon häufig im Leben bin ich mit meinen Vorurteilen in ein Land gereist und habe es überrascht und voller gegenteiliger Erfahrungen wieder verlassen.
Dubai jedoch nicht. Das Land ist heiß und es gibt nur wenige Möglichkeiten, etwas draußen zu unternehmen. Als muslimisches Land sind Alkohol, Feiern und lockere Kleidung in der Öffentlichkeit verboten. Lediglich in Hotels kann man Bars finden. Das Land schöpft einen Großteil seines Reichtums aus Erdöl, doch verpulvert es für unsinnige Projekte, wie mehrere „Palm“ oder „The World Islands“ sowie natürlich Superlative, wie das Burj Khalifa, im Wettstreit mit Abu Dhabi und anderen Emiraten.
Reiche Menschen, Influencer und Querdenker emigrieren nach Dubai, weil sie die Steuerfreiheit und die Flucht aus dem System im eigenen Land suchen. Dabei finden sie eine absolutistische Monarchie, die sie mit offenen Armen empfängt und unterschreiben lässt, dass sie sich verpflichten niemals etwas Negatives über die königliche Familie zu schreiben.
Ob Frauenrechte, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Klimaschutz: Dubai und die Emirate befinden sich geistig noch im Mittelalter und heucheln Moderne mit dem Bau moderner Gebäude. Die Stadt selbst war vor hundert Jahren nicht mehr als eine kleine Siedlung mitten im Sand. Die Gier des Westens nach Öl ließ das Emirat so im Geld schwimmen, dass der Scheich kaum weiß, wohin mit dem Geld.
Das Land lebt von der Ausbeutung günstiger Arbeitskräfte aus Afrika und Südostasien. Jeder braucht ein Auto, um von einem Ort zum anderen zu kommen.
Das Geld aus dem Öl und das Geld der ausgebeuteten Billiglöhner landet dann in den Taschen derjeniger, die das lockende Angebot eines hochbezahlten Jobs in Dubai annehmen.
Und das Geld geben sie gleich im Land wieder aus. Jede Aktivität kostet viel Geld, seien es Indoor-Skihallen, Aquarien, Einkaufszentren oder der Besuch künstlich angelegter Oasen in der Wüste. Meine Beobachtungen in Dubai bestätigen leider meine Vorurteile. Ich muss dieses Land nicht noch einmal besuchen.
Für Leon, Sara und mich geht es dafür mit dem Flugzeug weiter nach Sri Lanka, wo wir einen ganzen Monat verbringen werden.