🇻🇳 Vietnams bezauberndes Hinterland – von Drachenbooten, Mönchen und Enten


Tagebuch Eintrag

Die alte, kleine Königsstadt Hue ist sehr beeindruckend. Aber vom eigentlichen Land Vietnam haben wir noch nicht viel gesehen. Jetzt ist es dafür Zeit, wir machen einen Ausflug! Morgens früh erwarten uns unsere Motorräder. Wir fahren nicht selber, jeder bekommt einen Fahrer. Mir stellt sich Dan vor. Zuerst düsen wir zum Parfüm-Fluss, um dort mit einem Drachenboot den Fluss rauf zum Grab des König Minh Mang (Hiếu Lăng – lăng mộ Hoàng đế Minh Mạng) zu fahren.

Das Drachenboot ist wieder Mals ein Familienhausboot, eine Art großer Katamaran, dessen Schwimmer an den Endseiten zu Drachenköpfen geschnitzt und bemalt wurden. Auf der Fahrt bereiten uns die Familienangehörigen noch das Vergnügen uns ihre Waren, die üblichen Bilder und Stoffe, anzudrehen. Hier können wir ja nicht wegrennen.



Auf dem Fluss fahren nur ein paar Sandschiffe und Fischer, die vereinzelt in kleinen Booten in der Nähe des Ufers fischen. Auf der einen Seite hat man einen weiten Blick über Reis- und Erdnussfelder sowie Bananenplantagen, auf der anderen Seite erstrecken sich die Berge und Wälder. Wir machen auf der bergigen Seite halt und treffen nach kurzem Aufstieg wieder unsere Motorräder. Unser Guide begleitet uns und erklärt uns einiges über das vietnamesische Leben und bringt mir neue Wörter bei..

Der Weg führt über ein paar Dörfer und durch den Wald mit einer schwindelerregenden Geschwindigkeit. Über eine wirklich sehr brüchige Hängebrücke trauen sich die Fahrer nicht mit uns herüber, so dass wir einzeln über die Brücke laufen müssen. Dann geht die rasante Fahrt weiter. Sofern wir an Menschen vorbeifahren winken diese. Vor allem Kinder machen sich einen Spaß daraus uns abzuklatschen, wenn wir dafür die Hände rausstrecken.


Die Menschen legen auf der Straße ihren Reis zum Trocknen aus, da sonst keine bessere Fläche vorhanden ist. Wir kommen durch Rauchsäulen von Reisgras, das zur Düngung auf den Feldern bzw. in unserem Fall am Rande dieser verbrannt wird. Manche unserer Wege führen mitten durchs Dickicht des Waldes, sodass mir Äste und Blätter ins Gesicht peitschen, wenn ich es nicht schnell genug schaffe meinen Kopf einzuziehen.

Auf dem Weg machen auch einen kleinen Halt in einem Dorf, in welchem besonders Weihrauchstäbchen hergestellt werden; das heißt aus vielen Ingredienzien wird die Paste des Weihrauchs gemacht und dann um Stäbchen gewickelt. Man lädt uns auch ein es mal selbst zu versuchen, doch die Frauen haben eine so tolle Technik, mit der sie innerhalb von Sekunden ein Stäbchen drehen, an die wir bei weitem nicht herankommen.


Wir kommen schließlich zum Eingang des Grabgeländes des Königs. Es ähnelt mehr einem Park, abgesehen davon, dass sich davor schon Souvenirverkäufer eingerichtet haben. Die innersten Gebäude werden umgeben von einer Art Burggraben, in dem Lotusblätter und –blüten treiben. Auf kleinen Inseln gibt es winzige Pagoden und überdachte Terrassen aus der Zeit des Baus. Der König war sich der Schönheit des Ortes bewusst. Und er liebte Pinien, denn er ließ sie rundherum pflanzen. Ich durchschreite eine Allee aus Pinien, komme durch zwei Tore, an einer Garde aus steinernen Soldaten vorbei, welche allerdings sehr klein waren, denn der König selbst war ein Winzling und duldete es nicht, dass jemand größer war als er selbst.

Jedenfalls nicht in seiner Garde, sei sie nun lebendig oder nicht. Ich folge dem Weg durch einige Mauern bis ich den mit einem Wall geschützten, aber zum Himmel freiliegenden Sarkophag erreiche. Überall an den Wänden sind Schriftzeichen. Um uns herum sehen wir die Pinien ragen. Vor dem kleinen Eingang, der zu dem Sarkophag führt steht ein kleiner Turm, auf dem eine Steinplatte mit alten vietnamesischen Schriftzeichen die Geschichte des Königs erzählt. Er hatte hundertneunundzwanzig Konkubinen, und doch blieb er kinderlos, obwohl ein Nachfolger sein einziger Wunsch war.



Die Fahrt geht weiter an Dörfern vorbei, wobei wir wieder in einem kurz innehalten, um einer Frau zuzuschauen, die Weihrauchstäbchen dreht, nachdem sie zuvor die nötige Weihrauchpaste hergestellt hat. An einer anderen Stelle halten wir kurz, um auf einen alten amerikanischen Bunker zu klettern, von dem wir einen großartigen Blick über das Tal des Parfüm-Fluss haben. Es ist kein Zeichen einer Stadt zu sehen, die Natur spiegelt sich im Tal wieder, das von einer Bergkette umgeben ist.

Um uns herum stehen Sträucher und wachsen wilde Orchideen.

Unser nächster Halt ist, nachdem wir eine steinige Berglandschaft mit den Motorrädern erklommen haben, ein wunderschönes Kloster. In der kleinen Allee, die zum Kloster führt, stellen unsere Chauffeure die Räder ab. Ich sehe die Mönche nach einem Gebet in einen hinteren Teil des Klosters schreiten.



Das Kloster sieht von außen eher nach einem Bauernhof aus, denn es hat keine Pagode und Buddhas, und im Vorhof tollen Hühner. An einem Dachfirst sehe ich ein Nest von Bienen oder Wespen; genau zu sagen ist das nicht, denn diese Insekten sind beinahe so groß wie Hornissen und bis auf einen gelben Strich fast ausschließlich braun. Wir können hier essen, und eine Nonne führt uns, nachdem wir unsere Schuhe abgelegt haben, in einen Raum im Inneren des Klosters. Von hier kann man in den kleinen Innenhof schauen, der einem kleinen Garten Eden gleicht. Es gibt kleine Bäume und Orchideen, Farne und einen kleinen Brunnen. Die Nonne lädt uns ein, nach dem Essen doch im Kloster umherzuwandern und wenn wir wollen ein Schläfchen zu halten. Dafür bietet sie uns den Gebetsraum an. Dann verlässt sie uns.

Sobald wir am Tisch sitzen tragen zwei kleine Novizen Essen auf. Das Essen ist rein vegetarisch, aber mit Abstand das beste vegetarische Menü, das ich jemals gegessen habe. Es gibt eine Fülle von Kleinigkeiten wie Frühlingsrollen, kleinen Chiliplätzchen, geheimnisvollen Bananenblätter-Pasteten, Krabbenchips, Gemüse aus Zitronengras und Bohnen, natürlich Reis soviel wir können, Gemüsebällchen und Nudeln.

Sobald unsere Gläser auch nur annäherungsweise leer sind kommt auch schon unauffällig und sacht wie eine Fee ein Mädchen herbei und füllt die Gläser auf. Die ungefähr Achtjährige, typisch für Novizen mit einer Kutte gekleidet, ist jedes Mal verwirrt, aber natürlich erfreut, wenn ich mich dafür bedanke.


Die Hälfte von uns macht sich nach dem Essen sofort auf die Suche nach einem ruhigen Fleckchen, verpasst dabei aber den tollen Nachtisch. Es gibt Früchte, knallrote, mit Haaren wie Anemonen versehene Litschies und Drachenfrüchte, die von außen aussehen wie rote Ananas und von innen wie Kiwi; und als Krönung gibt es so genannte Yin&Yang, ein kleines mit Kokosblättern verpacktes Schächtelchen, das öffnen kann, wenn man einen kleinen Holzspint entfernt und das Blatt aufrollt. Zum Vorschein kommt eine weiße, klebrige Masse, in einem zweiten Kokosblatt, das aber zum Anfassen dient. Dieser Nachtisch ist erstens eine geniale Konstruktion, zweitens aber schmeckt es auch hervorragend. Die weiße Masse besteht aus Kokosraspeln und Bohnenmuss. Den Namen bekommt es wegen dieser Zweiheit, außen und innen und dieser genialen „Verschachtelung“ von beidem.


Wir lassen uns Zeit in dem Kloster und amüsieren uns noch mit den kleinen Novizen. Zu dem Mädchen und dem Jungen gesellt sich noch ein weiteres Mädchen, doch scheint sie erst fünf oder sechs Jahre alt zu sein. In dem Raum ist eine Tafel, auf der englische Sätze mit Lücken und Verben in Klammern dahinter stehen, augenscheinlich Hausaufgaben. Wir helfen dem Mädchen mit ihren Hausaufgaben, und geben ihm unsere Namen zu schreiben. In vietnamesischen Schriftzeichen schreibt es dafür ihren Namen und den ihrer Freunde auf. Ihr Name ist La, der Name des Jungen Bi Sop (wodurch sich für uns unweigerlich die lustige Ähnlichkeit für das englische Wort bishop = Bischof ergibt). Normalerweise wird in Vietnam im Gegensatz zu allen anderen asiatischen Ländern in lateinischen Lettern geschrieben, die hier durch die Franzosen eingeführt wurden. Doch in Klöstern bleibt man der alten Tradition weiterhin treu.

Zum Spaß setze ich Bi Sop meinen Cowboyhut auf. Er ist begeistert, und der kleine Mönch mit dem Hut auf dem Kopf ist ein Bild für die Götter. Er fragt ob es ein Geschenk sei aber leider brauche ich den Hut noch.

Wir müssen uns bald wieder verabschieden. Die Kleinen winken uns lange Zeit hinterher. Das Traurige an solchen Reisen ist immer, dass man so liebe Menschen so schnell schon wieder verlassen muss. Das ist eine traurige Begebenheit, mit der ich mich die ganze Reise über immer wieder auseinandersetzen muss.


Die Tour geht weiter, die Fahrer düsen in einem Affenzahn den Berg herunter und durch den Busch. Wir machen an einer alten Ruine halt. Wie unser Guide erzählt, ist es das einzige Kolosseum von ganz Asien, in dem einst Tiger und Elefanten um ihr Leben kämpften. Jetzt ist es überwachsen mit Moos und Ranken.

Während wir die alte Arena anschauen, tollen um uns herum Kinder des Dorfes. Ungestüm klettern sie an Kevin und mir hoch, ein kleiner Junge reißt mir in seinem Eifer die Strippe von meinem Hut entzwei. Glücklicherweise kann ich es mit Nadel und Faden behelfsmäßig wieder annähen.



Wir halten in einem anderen Wald, nahe einer Pagode. In dem Kloster bereiten die Mönche gerade einen Gottesdienst vor. Ich ziehe meine Schuhe aus und krieche in den Tempelraum; nur Mönchen ist es hier gestattet zu laufen.

Die Nonnen versammeln sich vor dem Eingang, wie üblich in weißer Kleidung. Doch im Gegensatz zu den Nonnen in den anderen Ländern des buddhistischen Asien scheinen sie die Haare nicht rasieren zu brauchen.



Entlang der Buddha Statue und dem Altar versammeln sich die Mönche. Ein auserwählter Mönch liest aus Schriften vor in einer Art Sprechgesang. Sobald er fertig ist, tritt der Abt vor; im Gegensatz zu den Mönchen in orangenen Kutten trägt er gelb. Außerdem ist er der Älteste. Er kniet vor Buddha und singt, wobei ihm die Mönche regelmäßig antworten.

Zwischendurch verlassen immer wieder Mönche den Raum, kommen nach einiger Zeit aber wieder. Ein Mönch hält bei mir inne, und erkundigt sich nach meinem Namen und meiner Herkunft. Er nickt mir freundlich zu, murmelt Segenswünsche und wendet sich wieder ab.



Schließlich verlasse ich auch wieder den Gebetsraum und erkunde das Kloster. Von meinen Gefährten ist keine Spur zu sehen. Überall gibt es Novizen zu sehen, die in einer Ecke für sich über Büchern sitzen, oder andere, die um die Häuser herum fegen. Das Kloster ist eine größere Anlage, die sich über den Wald erstreckt. Einzelne überdachte Korridore verbinden Wohnräume, Tempel, Essensräume, Gärten und Studierzimmer. Aber ich sehe auch einen Volleyballplatz. Immer wieder begegnen mir jugendliche Mönche, die mich grüßen.

Irgendwann begegne ich meinen Begleitern wieder und wir fahren weiter. Die Straßen sind so staubig, dass uns der rötliche Dreck von oben bis unten bedeckt. Wir verlassen den Wald wieder und brausen durch Dörfer, wo die Menschen wieder ihren Reis auf den Straßen verteilen, Reis dreschen, Bananen von Stauden pflücken, und uns zu winken.

Wir passieren eine lange Straße über eine Ebene von Reisefeldern, und wir müssen oft zu Fuß an den Karren der Bauern vorbeilaufen, da sie die Straße versperren. Über die Kanäle wie auch die kleinen Flüsse, die durch das Land und die Dörfer fließen, führen kleine Bambusbrücken. Praktisch sind sie nur Bambusstämme, die über den Bach, Kanal oder Fluss gelegt werden. Wenn man Glück hat wird daneben sogar ein zweiter Stab etwas höher als Geländer befestigt. Doch für vollbepackte Bauern wäre so etwas nur hinderlich. Ich versuche mein Glück über solch eine Brücke, und selbst ohne Gepäck ist es ein schwerer Balanceakt, den ich trocken überstehe.

So habe ich mir das romantische Südostasien vorgestellt



Wir fahren noch weiter, aber dann bietet sich ein Anblick, bei dem wir anhalten müssen. Weiter unten am Fluss sehen wir einen Hirten der besonderen Art.

Auf einem Boot treibt der Vietnamese einen großen schnatternden Teppich, einen gewaltigen Schwarm an die tausend Enten vor sich her.



Schau dir mehr von meiner jugendlichen Rucksackreise durch Indochina an!

Eine erste Rucksack-Reise Erfahrung in Südostasien

2004 🇹🇭 🇱🇦 🇻🇳 🇰🇭


Nachmittags halten wir noch in einem Dorf, um den Motorrädern noch etwas Ruhe zu gönnen. Es ist nur ein kleines Dorf der Reisbauern. Hier führt sogar eine wunderschöne japanische Brücke über den Bach, Schwärme von Libellen fliegen durch die Luft. Dorfbewohner bieten uns Stühle an. Ich ziehe erst einmal etwas um das Dorf.

Es ist ruhig, die meisten sind noch auf den Feldern. Wasserbüffel grasen auf den Wiesen. Kinder spielen auf den Wegen. Schließlich setze ich mich zu Nicki, Glen und Nicky und trinke einen starken vietnamesischen Kaffee.



Als wir wieder in Hue sind lassen es sich die Fahrer nicht nehmen in vollem Tempo und wild hupend über den vollbelebten Markt zu rasen. Dem Mädchen, das einige den letzten Tag rasiert hat, fällt fast der Kamm aus der Hand als wir an ihrem Salon vorbeirauschen und ihr zuwinken. Dann winkt sie wild zurück.

Zum Abschluss des Tages diniere ich mit Glen, Euen, Jenna und Brian im Park des Hotels bei sternenklarem Himmel.

Morgen geht es über die Berge ans Meer. Dort wartet das kleine, schöne Städchen Hoi An auf mich.



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