Tagebuch Eintrag
Wir sind in Qobustan und bewundern Schlammvulkane und uralte Petroglyphen. Eigentlich war meine Idee, von hier aus weiter durch die Wildnis frei in die Berge zu fahren und morgen auf der Hauptstraße auf der anderen Seite der Berge anzukommen. Wo Google Karten versagt helfen Satellitenbilder, um zu erkennen, wo Straßen verlaufen. Es gibt auf der Strecke noch einige Vulkane. Aber leider ist mit dem Betonbau auch eine moderne, aber gesperrte Straße hinzugekommen. Auf Nachfrage wird mir die Weiterfahrt hier untersagt.
Wir fahren wieder an den Polizisten vorbei (die uns nun aufgegeben zu haben scheinen) auf die Hauptstraße zurück und fahren einen Bogen über die Autobahn um den Nationalpark herum, um eine Straße in die Berge zu finden. Während es die vergangenen Tage stets sonnig war ist es heute relativ bewölkt. Erst als wir nachmittags hinter dem kleinen Ort Mughan auf die Schotterpiste in Richtung Berge gelangen klart es langsam auf.
Endlich Wildnis. Endlich Freiheit!


Auf der einen Seite ist das Land unglaublich flach, auf der anderen erheben sich die weichen Vorläufer des Kaukasus.
Hier gibt es nur noch Dörfer und Schafe. Vor den Schäferhunden müssen wir uns in acht nehmen.
Die Tiere sind darauf geschult ihre Herde sogar gegen Wölfe und Bären zu verteidigen. Uns würde so einer zum Frühstück verspeisen.
Vorsicht vor den Schäferhunden!

Langsam geht die Sonne unter und das Licht dimmt sich langsam. Ein kleiner Fuchs schaut uns aus geringer Entfernung entgegen.
Wir betrachten uns fasziniert gegenseitig, bis der Fuchs sich scheinbar daran erinnert, dass er ja hungrig ist, und jagen gehen sollte.






Auf der einen Seite sehen wir endlose, flache Weite





Die Straßen gibt es auf Google nicht oder verlaufen in der Realität ganz woanders. Satellitenfotos helfen sehr!
Die Sonne taucht das Land in Gold. Wir sind alleine auf dieser Piste, die sich langsam den Berg hinauf zieht. Immer wieder müssen wir querfeldein fahren, weil jemand Schotterhaufen mitten auf die Straße gekippt hat.
Auch für diesen Weg brauche ich die Satellitenfotos, da Google Karten den Weg nicht kennt oder die Straßen dort komplett von der Realität abweichen.


Es ist später Nachmittag und ich überzeuge die Jungs davon hier zu zelten. Uwe und Chris sind mit dem Wild-Campen nicht sehr vertraut und skeptisch. „Wo sollen wir denn zelten?“ – „Egal! Das hier ist ein riesiger Zeltplatz!„
Die Lage auf dem Hang nahe der Straße mit einem weiten Blick in das Land bei Sonnenuntergang und absoluter Einsamkeit räumt jede Zweifel aus dem Weg.

Einen besseren Zeltplatz gibt es nicht als diese sanften Hügel


Wir suchen uns einen Hügel aus und ich lenke den Geländewagen über den kargen Boden, der eine ideale Fläche für unsere Zelte bietet. Wir haben diese schnell aufgebaut und machen es uns ein paar Scheiben Salami und Robert Flasche Wein gemütlich.
Die Welt präsentiert sich von ihrer besten Seite und wir sitzen in der ersten Reihe.


Im Schein der untergehenden Sonne sehen wir die Umrisse des Gebirge von Berg-Karabach


Über Nacht sind Wolken aufgezogen und es ist kalt geworden. Wir bauen die Zelte ab und machen uns im Auto auf den Weg. Die Wolken hängen direkt über unseren Köpfen. Die Satellitenfotos helfen mir den Weg durch die Berge zu finden.
Unterwegs halten wir an einem einem verfallenen Friedhof, auf dem offenbar christliche Grabsteine stehen und liegen.


Ist das hier ein wilder Friedhof?



Ein grüner Lada kommt an uns vorbei und hält. Ein alter Mann steigt aus, scheint uns aber nicht der Grabschändung zu beschuldigen, sondern lächelt uns an und reicht uns die Hand, bevor er uns auch noch einen Granatapfel schenkt.
Er scheint sich sehr zu wundern, wer wir sind und woher wir kommen, aber die Unterhaltung findet keinen gemeinsamen sprachlichen Nenner, also schweigen wir uns an.



Dann zeigt er auf sein Auto und den Vorderreifen, der wie auf Kommando plötzlich seine Luft verliert. Ich versuche ihn zu fragen, ob er einen Ersatzreifen hat, aber er versteht mich nicht. Ebenfalls wie auf Kommando taucht ein Traktor mit einem jungen Burschen auf. Die beiden tauschen sich schnell aus und der Junge zückt einen Schlauch.
Damit überbrückt er einen seiner Reifen mit dem des Lada und pumpt ihn wieder auf. Das wird vermutlich nicht lange halten, aber der Alte Mann verabschiedet sich fröhlich von dem Burschen und uns und tuckert fröhlich weiter.




Auch wir setzen den Weg fort. Wie der Mann über diese Pisten kam ist uns unbegreiflich. Sein Lada ist nur eine kleine Kiste aus Blech mit winzigen Rädern.
Teilweise ist die Straße kaum noch als diese zu bezeichnen, weil sie nur aus aus tiefen Senken und Erhebungen bestehen.


Wir erreichen das nächste Dorf, wo uns die Leute relativ verwundert anschauen, aber zurück winken. Da wir noch kein Frühstück hatten halten wir Ausschau nach einem Café. Tatsächlich finden wir einen Ort, wo Männer draußen miteinander Domino spielen und ein junger Kerl Tee verteilt. Auch hier sind die Leute überrascht, doch mit ein paar russischen Vokabeln bekommen wir ebenfalls Tee und dazu „Piti“ zu essen. Das ist ein kleiner Eintopf in einem Tonkrug, den ich noch aus dem nördlichen Iran als „Dizi“ wiedererkenne.
Wir kommen durch weitere Dörfer und sehen Landwirtschaft rings um uns herum. Der Weg auf der Karte führt uns plötzlich aus einem Feldweg quer durch die Äcker, aber den Bauern scheint es nicht zu stören. Ich habe auf der Karte einen Ort entdeckt, an dem wir kleine Türme sehen können, die als Mausoleum dienten. Es nennt sich Kələxana abidələri: die Gräber von Kelekhana.




