Tagebuch Eintrag
Wir verlassen das wunderschöne Hoi An und wenden uns nach Đà Nẵng, wo wir ein kleines Flugzeug nach nach Ho-Chi-Minh-Stadt nehmen – das ehemalige, verheißungsvolle Saigon. Der Ort ist groß, am Strand stehen immer wieder die üblichen Reihenhäuser mit Balkon und Flachdach. Dummerweise stehen die Gebäude, die auch nur zur Front hin Fenster haben, mutterseelenallein irgendwo in der Landschaft. Der Grund ist die hohe Bevölkerungsdichte, durch die jeder Familie nur ein gewisser Maßstab (ca. drei mal fünfzehn Meter) zur Wohnfläche zugestanden wird. Daran hält sich auf dem Land kein Mensch, nur ab und zu sieht man auch solche Häuser hier. Aber in der Stadt ist es Pflicht, auch wenn man ein Haus abseits des zum größten Teil bewohnten Gebiets hat.
Die Stadt ist sehr groß, doch wir müssen nur zum Flughafen, der verschlafen abseits des Wohngebiets ist. Er ist nur noch klein – vom früher betriebsamsten Flughafen der Welt, was der Flughafen von Da Nang als amerikanischer Luftwaffenstützpunkt vor dreißig Jahren war, ist nichts mehr zu sehen und zu spüren.
In wenigen Minuten habe ich mein Gepäck aufgegeben und bummle noch etwas durch die Straßen.
Ich gehe schon etwas eher durch die Kontrollen, da ich schon schlechte Erfahrungen gemacht habe. Doch nichts passiert, ich bin schneller durch die Kontrollen als das Gepäck in den Flieger gelangt ist, und so kann ich noch gemütlich die Souvenirläden in der verlassenen Lounge durchstöbern und etwas Musikfernsehen auf dem großen Fernseher angucken. Von der Lounge wird unsere Gruppe mit einem Bus fünfzig Meter weit zum Flugzeug gefahren. Diesmal ist es ein kleiner Airbus. Nach einem Anruf eines Freundes aus Saigon erzählt uns Expeditionsleiter Ian, dass heute dort zufällig ein Länderspiel zwischen Vietnam und dem Erzrivalen Thailand stattfindet. Sofort sind wir alle Feuer und Flamme dieses Spiel zu sehen.
Echt jetzt? Ein Fußball-Länderspiel?


Die Maschine braucht in etwa eine Stunde und vom Flughafen aus müssen wir uns sehr beeilen um noch den Anfang des Spiels mitzubekommen.
Das Taxi braucht jedoch seine Zeit, bis es das Hotel gefunden hat. Ian warnt uns bei dem Hotel schon mal vor, es kommt immer wieder zu irgendwelchen Missverständnissen, sei es, dass entweder mal keine Handtücher da sind, oder mal in neuen Zimmern alles in Ordnung ist bis auf die Tatsache, dass es keine Decken gibt. Beim ersten Blick scheinen jedoch unsere Zimmer ok, wir geben der Rezeption unsere Pässe und ordern zwei Taxis. Allerdings ist das Stadion am anderen Ende der Stadt, die immerhin mit knapp acht Millionen Einwohnern doppelt so groß ist wie Hanoi.
Die Außenbezirke sind trist, kilometerweit einfache Häuser, immer derselbe Verkehr, keine Bäume.
Endlich erreichen wir das Stadion, der Anstoß ist nun zehn Minuten her. Wir kaufen unsere Tickets und suchen unsere Plätze. Beamte müssen erst einmal ein paar Leute von unseren Plätzen scheuchen, bis wir sitzen können, ein paar Leute, die etwas schwerer von Begriff sind, vertreiben wir selbst. Natürlich hat man für reiche Touristen die Schattenplätze auf der Tribüne reserviert. Das Spiel ist witzig. Die Thailänder sind klar überlegen, aber ungefähr alle fünf Minuten liegt ein Spieler auf dem Rasen und die Sanitäter kommen auf das Feld. Das Schauspiel wird auf Dauer so absurd, dass wir den Sanitätern jedes Mal schon hinterher rufen und sie anfeuern. Sogar einen Torwart erwischt es. Nach dem Spiel findet noch ein weiteres Spiel statt, Laos gegen Malaysia, das wir bis zur Halbzeit verfolgen, bis es uns zu langweilig wird und wir uns wieder ein Taxi zurück zum Hotel besorgen.
Ho-Chi-Minh-Stadt ist doppelt so groß wie die Hauptstadt Hanoi!
Ho-Chi-Minh-Stadt – das ehemalige Saigon
Die Geschichte von Ho-Chi-Minh-Stadt
Ho-Chi-Minh-Stadt, früher bekannt als Saigon, liegt im Süden Vietnams und ist heute die größte Stadt des Landes. Ursprünglich war die Region von Khmer-Völkern besiedelt und wurde im 17. Jahrhundert von vietnamesischen Siedlern übernommen. Unter französischer Kolonialherrschaft ab dem 19. Jahrhundert entwickelte sich Saigon zu einem wichtigen Verwaltungs- und Handelszentrum und wurde oft als „Paris des Ostens“ bezeichnet.
Eine Theorie besagt, dass der Name der Stadt „Sài Gòn“ vom vietnamesischen „Sài“ (ein Baum oder Holz) und „Gòn“ (Kapokbaum), also „Ort der Kapokbäume“ stammen könnte. Andere Theorien sagen, der Name könnte aus dem Khmer oder Chinesischen stammen.
Nach dem Ende der französischen Kolonialherrschaft und der Teilung Vietnams wurde Saigon zur Hauptstadt Südvietnams.
Während des Vietnamkriegs war die Stadt ein zentraler Schauplatz. Am 30. April 1975 fiel Saigon an die kommunistischen Truppen Nordvietnams, was das Ende des Krieges und die Wiedervereinigung des Landes einleitete.
Warum heißt Saigon heute Ho-Chi-Minh-Stadt?
Nach der Wiedervereinigung Vietnams wurde die Stadt offiziell in Ho-Chi-Minh-Stadt umbenannt – zu Ehren von Ho Chi Minh, dem revolutionären Führer und Präsidenten Nordvietnams, der maßgeblich zur Unabhängigkeit und Wiedervereinigung des Landes beigetragen hatte. Die Namensänderung symbolisiert den politischen Wandel und die neue Ära unter kommunistischer Führung.
Trotz des offiziellen Namens wird „Saigon“ im Alltag weiterhin häufig verwendet, insbesondere im kulturellen und historischen Kontext sowie von Einheimischen und Touristen.
Es ist schon Abend und Ian weiß ein tolles Restaurant für Grillspezialitäten. Mit zwei Taxis kommen wir, ausgenommen Jenna und Nicki, zu dem Restaurant. Es ist riesig, anfangs scheint es wie ein großes Bierzelt vom Oktoberfest, das wir nachts betreten, doch die asiatische Bedienung und die seltsamen Menü-Vorschläge an der Wand belehren eines besseren. Es gibt Ratten, Skorpione, Schlangen, Spinnen, Kugelfische, Haie, Schildkröten, Grashüpfer und alles, was sonst noch krabbeln oder schwimmen kann.
Ein Kellner führt uns durch die Bänke und Tische, die von grölenden Australiern oder ausgelassenen Vietnamesen besetzt sind, über eine Treppe einen Stock höher, der genauso groß ist wie das Erdgeschoss, von dem man aber immer noch auf dieses schauen kann.
Wie üblich bestellen wir uns Bier und ein Barbecue, d.h. wir bekommen zwei große Grille auf den Tisch, auf dem wir Rinder- und Schweinefleisch grillen sowie Zwiebeln, Tomaten und allerlei exotisches Gemüse. Dazu haben wir Schalen mit Reis, Saucen und eine kleine Schale, in der wir alles zusammenmengen und mit unseren Stäbchen essen können.
Das Essen ist grandios, vor allem der mit Knoblauch gewürzte Reis schmeckt mit den Saucen und dem Fleisch fantastisch. Am Nachbartisch kommt plötzlich eine Torte an und die Vietnamesen erheben ein Geburtstagslied. Wir grölen sofort mit und prosten dem Geburtstagskind zu, und prompt gibt es auch Kuchen für uns.
Aus Neugier bestelle ich mir einen Skorpion. Kommt sofort. Ich bin gespannt, wie das wohl aussehen soll, ob ich eine undefinierbare Masse vorgesetzt bekomme oder wirklich einen Skorpion am Stück. Der Kellner bringt mir einen Teller mit einem ganzen Schwarzen Skorpion, garniert mit einer Tomate. Meinen Freunden bleibt beinahe der Atem stehen. Ich gucke mir das Insekt etwas genauer an, und kein Zweifel besteht, dass der echt ist. Das Tier ist leicht, anscheinend wurde es gut durchgebacken. Ich breche ihm eine Schere ab und probiere sie. Sehr knusprig, etwas bitterer Nachgeschmack. Meine Gefährten verziehen ihre Gesichter und lachen. Nur probieren wollen sie nicht. Ich nehme den Skorpion und beiße ihn nun den Kopf ab, esse ihn nun mit Schwanz und Stachel auf. Man wird nicht davon satt, es schmeckt anders und ist jedenfalls eine Erfahrung wert.
Anschließend gehen wir noch ein wenig um die Häuser und wollen eigentlich zum “Apocalypse Now”, einem Lokal, das beinahe so berühmt ist wie der gleichnamige Film, bleiben schließlich aber bei einem australischen Pub hängen. Wir bestellen wieder eine Runde Bier und ich muss erwähnen, dass die Bierflaschen normal immer einen dreiviertel Liter fassen. Das ist unser drittes am Abend, weitere sollen folgen. Natürlich wird die Bar von Vietnamesen geführt, aber wie Glen sagt sieht es genau aus wie in jedem Pub in Australien. An der Wand hängen ein paar Boomerangs, ausgestopfte Krokodile, Landkarten und Bilder von australischen Fußballvereinen. Es gibt sogar eine Lokalrunde Baileys aufs Haus.
Nach einem Plausch mit dem Barmädchen spiele ich mit den anderen etwas Dart, wobei ich erst spät dazustoße und doch recht schnell aufhole, im knappen Duell Jane aber nicht mehr einholen kann.
Euen und Kevin besiegen derweil ein Team nach dem anderen beim Billard. Auch Glen und ich treten wieder gegen sie an, und nachdem ich in drei Runden alle meine Kugeln vom Tisch geholt habe, versenke ich auch die Schwarze im richtigen Loch, doch tragischerweise loche ich auch die weiße Kugel und das Spiel ist verloren. Trotzdem habe ich immerhin die Schmach vom letzten Spiel in Hue gebrochen.
Ian hält wieder seine Moralpredigt als sein Onkel, der versucht im Laufe der Reise einen Mann aus Glen zu machen. Gegen den Schürzenjäger Ian ist Glen sehr verklemmt, schon bei der „alarm clock“ Geschichte in Luang Prabang hatte Glen ihn enttäuscht. Ausgerechnet des Schürzenjägers Neffe machte solche Rückzieher. Und dann habe er solche Furcht vor Risiko, er solle sich ein Beispiel an mir nehmen. Davon will ich jedoch mal absehen. Glen ist jedoch im Boden versunken, denn die Leute, die noch im Lokal sind hören mit.
Es ist nun halb zwei in der Nacht und wir sind auf dem Weg zum Hotel. Ian meint er kennt den Weg und wir verzichten auf ein Taxi. Allerdings ist er sturzbesoffen, was man nun deutlich an seinem Gang erkennt.
Trotz Ians betrunkenen Zustands scheint er zu wissen wohin er geht, und auch wenn er torkelt spricht er noch beinahe klar. Ich muss sagen, dass ich unseren „Leader“ klasse finde.




Wir quatschen noch etwas ausgelassen über Gott und die Welt, wobei ich zum Glück noch klar genug im Kopf bin, da ich diesmal nicht sehr viel getrunken habe, um uns vor längeren Begegnungen oder etwaigen Ausflügen mit zwielichtigen Personen zu bewahren. Doch dazu kommt es nicht und wir erreichen das Hotel nach einer Stunde.
Ian setzt Glen und mich nochmals auf die Warteliste, doch bis wir als letzte an die Reihe kommen vergeht noch lange Zeit. Die Schotten werden von einem aufgebrachten Billardaufseher, der jedes Spiel auf einem Platz an der Wand mitverfolgt und bei Regelverstößen einschreitet, disqualifiziert, nachdem Euen nach einem fragwürdigen Stoß seines Gegners seinen übergeht, in dem er Kugel absichtlich nur antippt. Unter lautem Protest verlassen die Schotten das Lokal, die Mädchen sind mittlerweile auch schon zum Hotel aufgebrochen. Nur Ian, Glen und ich sowie eine Handvoll Gäste sind noch im Lokal und wir warten auf unsere Runde.
Der Billardaufseher will uns schon streichen, doch wir können ihn noch zu der Runde überreden. Das Spiel verläuft mäßig, die anderen sind nicht wirklich gut, aber Glen und mir fehlen die richtigen Möglichkeiten.
Ich schaffe es für uns etwas aufzuholen. Glen vergeudet zwei Züge mit einer Kugel, die an einer Ecke für ihn uneinlochbar ist. Ian und ich reden auf ich ein wie die Weltmeister er soll von dieser Kugel absehen, doch er will nicht hören und scheitert mit der Kugel, die ihm weniger risikohaft scheint wie eine andere, die ich ihm rate, zum dritten mal, was unsere Konkurrenten sofort nutzen und gewinnen.
Im Gegensatz zum Tag, wo der Verkehr so dicht ist, dass man kaum gefahrlos die Straße überqueren kann, ist die Straße nun absolut verlassen. Vor kleinen zwielichtigen Bars stehen hübsche geschminkte Mädchen, die uns in ihre Lokale locken wollen. Wir lehnen jedes Mal dankend ab. Ian fängt an mit einer Art Zuhälter, der uns auf der Straße anquatscht, zu scherzen, doch ich ziehe Ian mit mir, wofür er sich dann auch bedankt. Wir torkeln nun mitten auf der Straße, kommen durch Gassen, halten inne auf Kreuzungen und nun verlassenen Verkehrsknotenpunkten, scherzen mit ein paar Taxi- und Motorradfahrern rum, die ab und zu mal an uns vorbeikommen und ansprechen, bis die Straßen schließlich wieder verlassen sind und höchstens mal eine Ratte unseren Weg kreuzt.
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Es ist Zeit sich mit dem großen Einschnitt der jungen Geschichte Vietnams zu beschäftigen. Der Krieg hat das Land zerrissen und nun ist es wieder zusammengewachsen, doch die Narben sind überall sichtbar. Ich besuche die Tunnel von Cu Chi außerhalb der Stadt. Danach widme ich mir Zeit im Kriegsmuseum von Ho-Chi-Minh-Stadt.
Das Museum besteht aus ein paar Bereichen, Fotos und Kriegsrelikten. Die Fotos zeigen Flugzeuge im Absturz, letzte Aufnahmen von Reportern, Soldaten in Schützengräben, Helikoptergeschwader, Napalmangriffe, rennende Kinder, durch Agent Orange Verkrüppelte, verzweifelte Gesichter, Soldaten die in Gefangenschaft geraten, Exekutionen und von Granaten zerrissene Körper. Es zeigt auch die Divisionen, die aus Amerika, Kanada, Neuseeland und Australien nach Vietnam kamen und Kriegsabzeichen. Auf Karten zeigt es die Angriffe der Vietnamesen und Amerikaner. Letztendlich beendete die Tet-Offensive 1968 den Krieg, nach der Eroberung Saigons zogen sich die Amerikaner aus Vietnam zurück.
Ausgestellt sind Düsenjäger, Flakgeschütze, Kanonen und Artillerie, Panzer und Bomben so groß wie Autos, Maschinengewehre und Minen sowie Bilder von Kindern, die während dem Krieg entstanden. Man sieht in dem Museum jedoch wie schrecklich der Krieg auf beiden Seiten war, es nimmt keine Propagandastellung ein wie manch andere Museen, es zeigt nicht nur die Verbrechen in diesem Krieg, sondern dass Krieg selbst ein Verbrechen ist, egal wo er stattfindet.
Auch das traurig berühmt gewordene Bild des nackten Mädchens, das schreiend mit ein paar anderen Kindern auf der Straße rennt, während im Hintergrund Explosionen toben, befindet sich hier.
Während wir die Bilder im Museum auf uns einwirken lassen meldet sich wieder der Monsun. Nach einem starken Regenguss einigt sich das Wetter wieder auf bedeckten Himmel und Nieselregen.
Lady Jane hat natürlich ihren kleinen Schirm dabei, doch glücklicherweise hält sich der Regen in Grenzen, während wir zum Palast des letzten Präsidenten von Südvietnam aufmachen. Auf der Karte sehe ich, dass es gerade nur um die Ecke ist. Natürlich erwischen wir die falsche Seite und müssen erst einmal um das ganze Geländer herummarschieren. Die Schotten setzen sich zwischendurch vom Regen genervt einfach mit Brian ab. Mia „brummt“ vor sich her, da sie kein Mittagessen hatte.
Wir fragen uns an ein paar Pförtnerhäuschen durch, bis wir endlich den Haupteingang finden. Der Palast selbst ist auch ein Museum, richtig berühmt ist es jedoch durch den Panzer, der vor dem Palast steht. Das war der Panzer, der auf dem Gelände des Palastes eindrang und damit den Sieg Nordvietnams symbolisierte.
Berühmt ist auch die Szene, in welcher der nordvietnamesische Feldherr das letzte Mal auf den südvietnamesischen Präsidenten traf. Letzterer sagt. „Ich freue mich Ihnen mein Amt und mein Land zu übergeben“ worauf der Nordvietnamese sagt: „Sie können mir nicht übergeben, was Ihnen nie gehört hat.“
Zerknirscht müssen wir feststellen, dass wir Eintritt bezahlen müssen, auch wenn wir das Museum gar nicht sehen wollen. Aber so viel ist es zum Glück nicht. Unter ein paar Bäumen stehen die Panzer, die Rohre zum Palast ausgerichtet.





Von zwei Taxis lassen wir uns wieder zum Markt bringen, der recht nah an unserem Hotel liegt. Ich verlasse meine Gefährten hier, um den Kodak-Laden wieder und eine Bank zu finden. Entlang der Straße gibt es wie auf dem Markt Geschäfte mit Klamotten, falschen Markenuhren, gebrannten CDs und Souvenirs. Ich finde sowohl meinen Foto-Laden als auch eine Bank.
Es regnet noch immer und ich bin schon nass bis auf die Haut. Unterwegs laufen mir Becks und Mia noch mal über den Weg.
Über die belebteste Kreuzung Saigons, einem Kreisel vor dem Großen Markt, kämpfe ich mich durch den Verkehr wie in einem Geschicklichkeitsspiel mit schwingenden Äxten und Knüppeln.
Ich schaffe es lebendig zum Markt zum kommen und schaue mich etwas um, einerseits zum Bummeln, andererseits um vielleicht Jane und Glen wieder zu finden.
Der Markt ist schön, ein paar große Markthallen beherbergen die üblichen Waren an Kleidung, gefälschten CDs und Uhren und Kunst.
Ich finde ein schönes Seidensakko, verziert mit einem aufgenähten Drachen auf dem Rücken und einem Lebensrad in demselben Schwarz wie das Sakko. Dafür finde ich zehn Dollar äußerst preiswert. Da die Händler aber keine Kreditkarten nehmen bin ich schon wieder blank.
Prompt stoße ich auch schon mit Jane und Glen zusammen, die auch am shoppen waren. Wir gehen noch ein wenig durch die Straßen, dann trennen wir uns wieder, Jane sucht ein Internet-Café, Glen und ich das Hotel. Ich brauche dringend trockene Kleidung.
Abends verabrede ich mich noch mit Jane, Becks, Mia und Glen zum Abendessen und wir bummeln etwas, wobei ich zwischendurch noch einmal auf den Motorrollerfahrer Phung treffe, mit dem ich noch etwas plaudere, bis wir ein feines französisches Restaurant finden, das asiatische Gerichte in französischer Tradition bietet.
Abends will ich eigentlich noch mit Glen in die Bar Apocalypse Now, doch es schüttet nun wieder so monsunartig, dass wir nicht mehr auf die Straße gehen.




Am nächsten Morgen verlassen wir schon wieder Saigon mit einem Minibus und machen uns auf in Richtung Mekong Delta, dem fruchtbaren Südzipfel Vietnams. Wir kommen durch viele Dörfer und an vielen Reisfeldern vorbei und die Bewohner trocknen ihren Reis auf der Straße. Wir machen halt an einer knallbunten Kirche, die wie Ian sagt zur Religion des Kaidaiismus gehört. Diese Religion verbinde das Christentum mit dem Islam und dem Buddhismus und der Chinesischen Lehre, als Heilige werden Jean d’Arc und Winston Churchill verehrt.
Die zweitürmige Kirche ist gelb, mit blauem Dach und bunten Fassaden. Auf einem Obelisken am Eingang prangen Swastika, Symbole der Sonne. Wir werden am Eingang von einer Art Mullah begrüßt.
Innendrin sieht die Kirche eher aus wie eine Moschee, blaue Ornamente auf den Wänden und dem Boden, auf dem auch Gebetskissen liegen, aber es gibt eine Apsis und einen Altar, und auf dem Altar ist das Symbol eines großen Auges in einer Pyramide und darum Jesus, Mohammed, Buddha und der chinesische Kriegsgott. Drumherum gibt es wieder Schalen mit Räucherstäbchen und Früchten.
Ich spende der Kirche zweihundert Dong und schreibe mich im Besucherbuch ein als Indiana Jones.
Einen weiteren Halt machen wir zu Mittag an einem Lokal an der Straße. Die Toiletten sind abenteuerlich, außerdem ähnelt das Restaurant eher einer Zoohandlung wegen der Aquarien, Springbrunnen und Käfigen von Fröschen, Schlangen, Aalen, Schildkröten und Ratten.
Ich bleibe aber bei einem normalen Menü aus Reis und Gemüse, während an unserem Nachbartisch ein munteres Barbecue mit Ratten veranstaltet wird.
Mit einer Fähre überqueren wir den Mekong. Während der Bus im Fahrzeugbereich bleibt setzen wir uns zu den anderen Passagieren auf eine Art Veranda darüber mit Blick auf die Autos. Es ist ein Höllenlärm, denn die engen Schiffswände der kleinen Fähre reflektieren den Schall noch mal um das Dreifache. An der Rückbank, an welcher ich sitze, klebt noch ein vertrockneter Gecko in der Farbe.



Nachmittags erreichen wir Chao Doc, die größte Stadt im Zentrum des Deltas, durch die der größte Teil des Schiffsverkehrs vom Mekong Richtung Meer und der Händler geht. Diese Stadt hat absolut nichts Touristisches an sich und während ich alleine durch den Markt wandere werde ich respektvoll beäugt wie der Riese Rübezahl. Aber alle sind natürlich durchaus freundlich und ich unterhalte mich wieder mit einigen, die dann auch sehr erfreut sind, dass ich ein paar Brocken Vietnamesisch spreche.
Trotzdem muss ich nochmals betonen, dass man gegenüber den armen Händler wie ein fremder Fürst scheint, der mit seinen mehr oder weniger sauberen, aber teureren Klamotten, einer blitzenden Uhr, ein Meter neunzig groß und mit blondem Haar, durch den Markt schreitet. Allein schon die Tatsache, dass ich mich in dem Land befinde macht mich unglaublich reich, ich komme von einem Land das jenseits jeglicher Vorstellung der Leute liegt, nicht nur von der Entfernung her.
Sie können sich nicht den Grenzübertritt nach Kambodscha oder Laos leisten.
Ich treffe mich mit Jane, Becks, Mia, Brian, Glen und den Schotten zum Dinner in einem Lokal, essen und trinken Bier, Euen konstruiert sogar einen sagenhaften Flaschenturm aus fünf großen Flaschen. Brian unterhält sich mit ein paar Cyclo-Fahrern, die uns durch die Gegend kutschieren wollen, zu Discos oder Orten, wo man „Spaß“ haben kann. Jane raunt uns zu ein Auge auf Brian zu haben, der es bekanntlich manchmal nicht schafft aus etwas heikleren Situationen von alleine herauszukommen.
Am nächsten Tag beladen wir schon früh morgens ein kleines Motorbötchen mit dem Gepäck und uns selbst und nehmen den Mekong herauf Kurs auf Kambodscha und Phnom Penh.