Tagebuch Eintrag

In dem verwunschenen alten Mausoleum der Derwische halten wir uns nicht lange auf. Wir fahren wieder zurück durch Schamachi (Shamakhi, Şamaxı), das wir schon sahen, und dann eine Route in die Berge, um das Dorf Lahıc zu besuchen. Jedes Buch über Aserbaidschan und jeder Touristenführer in Baku spricht davon. Also müssen wir da auch hin.

Dank unseres Wagens können wir dort auf eigene Faust hin. Es fahren auch Maschrutkas über das Land, welche die Städte miteinander verbinden. Ich habe diese in Georgien schon kennengelernt und kann dankend auf diese Fahrzeuge der Hölle verzichten.



Anfangs ist die Straße noch harmlos und schlängelt sich friedlich durch die sanften Hügel, über denen tief die Wolken hängen.

Es ist schon später Nachmittag und wir müssen uns sputen, damit wir noch vor Einbruch der Dunkelheit unser Nachtquartier erreichen.



Hinter einem Pass aus 2070 Metern Höhe hat die Straße es plötzlich in sich. Zwischendurch ist sie einfach ohne Vorwarnung durch einen Erdrutsch weggebrochen und kaum passierbar. Dann fällt mir auf, dass ich auf dem Google Satellitenbild eine andere Straße sehe, die um diese herumführt. Anscheinend wurde einfach woanders eine neue Straße gebaut, aber vergessen, diese hier zu kennzeichnen.

Kurz darauf erreichen wir einen anderen weggebrochenen Teil der Straße. Diesmal gibt es keine Umgehung und ich bin froh über den Vierradantrieb des Autos, der über die schwierige Piste gute Dienste leistet.

Danke Satellitenbildern und Allrad ist die Strecke kein Problem




Endlich erreichen wir Lahıc. Das kleine Dorf liegt abgelegen an einem riesigen Flussbett. Dafür, dass es eine der bedeutendsten Touristenattraktionen Aserbaidschans sein soll ist es schwer zu erreichen. Die Dunkelheit setzt ein und es wird auch schwierig durch die kleinen Straßen unsere Unterkunft zu finden. Die Angaben sind immer falsch, die Häuser von außen nicht markiert und die engen Straßen mit Kopfsteinpflaster besonders bei Regen kaum befahrbar.

Endlich finden wir im Dunklen und im Regen das richtige Haus und erhalten Einlass.

Mit ein paar Brocken Russisch verständigen wir uns mit dem alten Mann, der auf das Haus aufpasst, während sein Sohn in Baku lebt und von dort aus die Wohnung vermietet.

Der Mann geleitet uns auch zu einem Restaurant, in dem man noch für uns kocht. Sonst ist alles geschlossen. Wir bekommen leckeres Sadj (eine Grillplatte) und fürchterlichen Hauswein (eher Erdbeeressig). Kein Gasthaus hat mehr auf, dafür bewirtet uns eine Familie bewirtet exklusiv. Exklusiv ist dann aber auch der Preis. Soviel mussten wir nicht einmal in Baku zahlen.



Am nächsten Tag erkunden wir die Stadt, die für seine Kupferschmiede berühmt ist. Ich erwerbe auch ein Schafsfell für Leon und einen Schal für Sara.

Wir schauen den Schmieden bei der Arbeit zu und essen Qutab und Dolmasi. Auch hier ist nicht viel los dafür, dass die Stadt so bekannt sein soll.





Wir sind die einzigen Touristen und die Souvenirläden Besitzer und Schmiede reißen sich um unsere Aufmerksamkeit. Nicht nur ist die Saison für Feriengäste vorbei, heute ist auch noch Freitag.

Wir vermuten, dass viele Leute in der islamisch geprägten Gesellschaft heute zuhause bleiben.



Vielleicht waren wir auch einfach nur zu früh am Morgen. Ein findiger Händler ist der frühe Vogel, der uns als Wurm bekommt.

Er ist der einzige, der um neun Uhr morgens schon mit offenen Türen in seinen Laden einlädt.

Uwe und Chris dürfen einige Fellmützen ausprobieren. Zur Belohnung kaufen wir tatsächlich ein paar Dinge. Dafür dürfen wir auch ein paar Fotos mit ihm machen.



Nach und nach kommt etwas Leben in die Stadt. Hin und wieder rumpelt ein Auto hier über das Kopfsteinpflaster. Google wollte mich letzte Nacht hier durch schicken. Gut, dass ich nicht auf die KI gehört habe.

Ein paar Männer stehen in einer Gruppe zusammen und beobachten uns argwöhnisch. Ein junger Mann lockt uns in seinen Laden mit sehr bunten Teesorten.



Das Dorf ist schön, aber trotzdem sehr ereignisarm. Vielleicht liegt es auch an dem schlechten Wetter, das uns auf das Gemüt schlägt. Von der atemberaubenden Berglandschaft des Kaukasus sehen wir gar nichts.

Also spazieren wir weiter über das glitschige Kopfsteinpflaster und werden zum Highlight des Tages für ein paar Mädchen, die auf dem Weg zur Schule mit uns etwas Englischvokabeln üben können.




Zumindest eine Sehenswürdigkeit schauen wir uns noch an, um uns nicht zu sehr kulturverdrossen vorzukommen. Die Gelegenheit drängt sich uns auf. Während wir eine kleine Moschee betrachten fragt uns ein Mann „Hammam?“. Aus dem Reiseführer weiß ich, dass es hier ein altes Hammam zu sehen geben soll. Ich nicke. Der Mann zückt einen Schlüssel und bedeutet uns, ihm zu folgen.

Wir schlängeln uns durch ein paar Gassen, bis wir zu einer kleinen Treppe kommen, die nach unten führt. Es riecht modrig. Durch ein Fenstergitter sehen wir nur Schutt.

Er erklärt uns viele Dinge auf Russisch, dann auf Aserbaidschanisch, die wir aber alle nicht verstehen. Trotzdem sind wir an etwas Abwechslung interessiert.

Was wir verstehen ist, dass er einen Manat von jedem von uns will, wenn wir durch die verrottende Holztür gehen, deren Schloss er gerade geöffnet hat. Gut, dass sind umgerechnet 30 Cent. Er lässt uns ein und führt uns durch das Gewölbe. Dann wechselt er zu Freiform-Gebärdensprache und Pantomimen, um uns klar zu machen, was wir sehen.

Tatsächlich können wir uns gut hier den Umkleideraum vorstellen, dort ein Becken für heißes Wasser, dort eins für kaltes. Mit den Lampen unserer Telefone können wir auch ein großes Becken sehen, dass nun als Latrine der örtlichen Fledermäuse dient. Wir haben genug gesehen, danken dem Mann und geben ihm sein Geld, bevor wir uns verabschieden.



Wir denken, dass wir genug von Lahich (Lahıc) gesehen haben und das Wetter verspricht auch nicht besser zu werden. Eine Wanderung mit alpinem Panorama bietet sich auch nicht an.

Da wir als nächstes nach Scheki (Sheki, Şəki) möchten nehmen wir eine andere Straße als die, welche wir gekommen sind. In den Touristenführern wird allerdings nur vor der Straße gewarnt, die wir dorthin nehmen wollen und nicht die, welche uns von Schamaki aus schon halsbrecherisch vorkam.

Wir fragen die Leute vor Ort mit Übersetzungsapp und ein paar Brocken Russisch, ob die Straße frei wäre, oder ob wir auch dort Gefahren durch Regen, Erdrutsche, Lawinen oder kaputten Straßen zu erwarten hätten. Aber alle Leute lachen nur und signalisieren, dass alles in Ordnung wäre. Auch die Leute hier nutzen zum Übersetzen schon ChatGPT – erstaunlich!

Also dann, auf geht’s!



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