Tagebuch Eintrag
Die Tuk-Tuks verlassen die Sadt Luang Prabang, in der ich viel über die Seele des Landes erfuhr. Mit Glen und den Mädels fahre ich durch die Ebene bis in den Wald hinein in die Berge, wo die Szenerie zu zugewachsenen Felsen und Reisterrassen wechselt. Auf den Reisfeldern grasen Wasserbüffel und kleine Pferde stehen am Wegrand, die unsern Tuk-Tuks hinterher schauen.
Auf der Straße laufen Bauern und Fischer, in Leinenhemden und mit den gebräuchlichen Reishüten; sofern sie eine Hand frei haben winken sie uns zu. Die Berge um uns herum hüllen sich wieder in Nebelschwaden. Ein wenig Regen tröpfelt auf uns nieder.
So habe ich mir die Wunder von Asien vorgestellt!
Wir machen halt bei einer Familie, von der Ian sagt sie ziehe Bären und einen Tiger auf. Wir kaufen ein paar Bananen und etwas Fleisch im Dorf und statten der Familie und den Tieren einen Besuch ab. Wir müssen uns erst einmal etwas durch den Dschungel schlagen, ehe wir zu den Gehegen kommen. Die Bären heulen nach den Bananen. Es sind Kragenbären und die Ausgewachsenen etwa in der Größe eines Bernhardiners. Es gibt drei Erwachsene und drei Kleine.
Zuerst füttern wir sie durch die Stäbe und sobald sie sich etwas an uns gewöhnt haben können wir zu ihnen ins Gehege um sie dort zu füttern und sogar zu streicheln. Sie haben das weiche Fell eines Teddybären, aber ich verliere den Respekt vor den Tieren nicht. Besonders aus Japan hört man besonders über viele Zwischenfälle mit wilden Kragenbären, die ab und zu sogar tödlich enden.
Wir müssen weiter durch den Wald um zum Gehege des Tigers zu kommen. Im Wald laufe ich fast in ein riesiges Spinnennetz, das zwischen den Bäumen nahezu unsichtbar hängt. Gegen die Sonne sieht man es und in der Mitte hängt eine Spinne so groß wie eine Handinnenfläche, schwarz und weiß gestreift und mit sehr langen Beinen.
Phet, die Tigerin, ist wirklich ein wunderschönes Tier. Sie ist noch jung und noch kein ausgewachsener Indonesischer Tiger, aber von strahlendem Fell und eleganter Stärke. Wer sich traut kann ihr Fleischstücke durch die Gitterstäbe reichen. Ich halte ein Stück recht weit oben in den Käfig, so dass sie sich auf ihre Hinterpranken stellen muss um mir das Stück aus den Fingern reißen zu können. Letztere kann ich gerade noch schnell genug zurückziehen.
Ein kleiner Fußmarsch bringt uns schließlich zum Wasserfall, der wirklich atemberaubend ist. Der Wasserfall rauscht über mehrere Terrassen aus dem Wald in den Fluss. Über diesen führt eine kleine Holzbrücke. Ian meint, es gibt einen Weg, der den Wasserfall hinauf führt und der sehr schön wäre. Ich frage Glen und er kommt mit. Ian gibt uns noch auf den Weg das unsere Schuhe dreckig werden könnten, während er mit den anderen einen netten Ort sucht um die Atmosphäre für eine Zeit einfach zu genießen. Ich trage zwar gerade Ledersandalen, aber das macht mir nichts aus und ich kann es auch nicht ändern. Das andere Ufer, welches man nur über die Brücke erreichen kann, ist überflutet. Das Wasser strömt über eine kleine Treppe, die in den Wald führt. Dort kommen wir erst wieder aufs Trockene. Ein Pfad führt den Wald hinauf zu einem Hang und verzweigt sich immer wieder, so dass wir immer öfter vor irgendwelchen Sackgassen stehen, d.h. direkt vor dem reißenden Wasserfall oder umgestürzten Bäumen.
Wir klettern den Berg etwas weiter hinauf, mit Baumstümpfen und Felsvorsprüngen als Hilfen.
Schließlich stehen wir vor einem Bachlauf, der steil einen felsigen Hang des Berges hinabrauscht. In ihm lassen sich so eine Art Stufen erkennen, nicht aber ob sie natürlich oder künstlich sind. Wir wollen nach dem langen Weg noch nicht Umkehren, also ersteigen wir den Bachlauf. Hin und wieder kann man sich an Bäumen festhalten. Glen hat größere Probleme den Hang zu besteigen, er ist die Berge nicht gewöhnt. Oft muss ich einige Minuten warten oder ihn an ein paar Felsvorsprüngen hochziehen. Es dauert an die zwanzig Minuten, bis wir die Kante erreicht haben. Wir sind sehr durchnässt, aber froh endlich oben zu sein. Doch wir sind noch nicht am Wasserfall. Und beim Anblick der Umgebung stockt uns das Herz. Der Wald lichtet sich hier etwas und wir stehen vor einem Sumpfgebiet und ein kleiner Schlammpfad windet sich durch eine schlammige Schilflandschaft. Glen wirft mir einen Blick zu und wir schauen noch einmal den Hang hinunter. Nein, da wollen wir wirklich nicht jetzt schon wieder runter. Ich schnalle mir meine nassen Sandalen auf den Rücken, kremple mir die Hose bis zu den Knien hoch und setze meinen Fuß in den Schlamm. Es ist sehr glitschig, man muss jeden Schritt sehr genau abwägen um nicht auszurutschen. Der Morast wird so tief, dass ich bis zu den Knien darin einsinke. Sehr langsam kommen wir voran. Der Schlamm ist recht warm und angenehm auf der Haut, aber doch trügerisch, denn im Schlamm stecken hin und wieder größere, flache Steine, auf denen man ausrutscht wenn man zu schnell sein Gewicht auf eine Stelle setzt, die man nicht vorher genug ausgetestet hat. Festhalten kann man sich nirgendwo.
Wir kämpfen uns zehn Minuten durch den Sumpf, dann kommen wir an das Ufer des Flusses. Der Schlammpfad windet sich weiter in einem Bogen um den Wald herum in die Richtung der Berge. Wir testen den Weg weiter, doch drehen rasch um, als ich in einigen Stellen bis zum Oberschenkel einsinke. Wir betrachten das Ufer. Der Fluss strömt mitten durch den Wald, Mangroven und Wurzeln wachsen aus dem Wasser. Die Wassertiefe ist unterschiedlich. Ich schlage mir einen Ast vom Baum, den ich als Stecken verwende und die Wassertiefe auslote. Das ist auch bitter nötig, denn ich merke, dass es im trüben Wasser Untiefen oder Löcher gibt, in die ich bis zum Bauch versinken würde. Manche Stellen eignen sich dazu kurz aufs Ufer zu treten, bis das Buschwerk uns wieder ins Wasser zwingt. Hin und wieder können wir auch ein paar Schritte auf im Wasser liegende Baumstämmen oder herausschauende Steine tun.
Endlich erreichen wir den Wasserfall. Hier strömt das Wasser am stärksten. Ich will noch die Mitte des Wasserfalls erreichen, um ins Tal schauen zu können. Glen bleibt zurück, ihm ist die Strömung zu stark. Für jeden Meter, den ich gehe, brauche ich zwei Minuten, denn der Boden ist übersäht mit Wurzelwerk oder spitzen Steinen. Zwischendurch verschwindet mein Stecken auch eineinhalb Meter tief im Wasser. Doch der Ausblick von der Mitte des Flusses aus über die hinabstürzenden Wassermassen entschädigt für alles. Das Wasser stürzt ins Tal hinab und der Fluss schlängelt sich durch die bewaldeten Berge in die Ferne. Ich koste den Augenblick einige Zeit aus bevor ich mir meinen Weg zurück suche. Eine Untiefe kostet mich das Gleichgewicht und ich falle ins Wasser. Mit den Armen rudere ich weit um mich, um doch noch einen Halt zu finden, aber ich finde keinen.
Nass triefend suche ich meinen Weg zurück durch die Schlammgruben und klettere wieder den Hang herunter. Es fängt heftig an zu Gewittern, der Himmel hat sich zugezogen und der Donner hallt im Echo der Berge wieder.
Wir beeilen uns und im Stillen verwünsche ich Ian wegen seinem Hinweis auf schmutzige Sandalen.
Im Tal treffen wir ihn dann wieder mit den Schotten beim Essen. Die anderen sind schon mit Tuk-Tuks zurück nach Luang Prabang gefahren.