Tagebuch Eintrag

Meine Zeit in Baku ist vorbei. Ich habe den Charme der Altstadt und den Esprit der modernen Metropole und vor allem die Herzlichkeit der Einwohner durch Elvi und Yusif kennengelernt. Mit meinen Freunden Uwe und Chris, sie nach ein paar Tagen dazustießen, erlebte ich eine schöne Zeit in Aserbaidschans Hauptstadt. Wie schon bei nun vielen vorangegangenen Reisen möchten wir das Land zusammen auf unseren eigenen vier Rädern entdecken.

In aller Frühe verlassen wir das Hotel, um unseren Mietwagen an der vereinbarten Adresse zur vereinbarten Zeit abzuholen. Daraus wird natürlich nichts und wir sind nicht überrascht. Endlich taucht der Fahrer auf und überrascht uns mit einem noch größeren Geländewagen, als wir bestellt haben.

Die Insel ist dicht besiedelt und eine umwelttechnische Katastrophe



Wir lassen die Stadt hinter uns und fahren nach Osten in Richtung der AbÅŸeron-Halbinsel, auf der Aserbaidschan einen großen Teil seiner Öl- und Gasproduktion unterhält. Da es eine Halbinsel ist fahren wir natürlich in eine Sackgasse. Im Laufe des Tages wollen wir einmal quer durch AbÅŸeron fahren und müssen Abends durch Baku durch, um die Richtung nach Süden und Qobustan einzuschlagen.

Die Insel ist dicht besiedelt und eine umwelttechnische Katastrophe. Tausende kleine Ölbohrtürme heben und senken ihre Köpfe mit einer erhabenen Gleichmäßigkeit, die bedrohlich entspannend wirkt.

Sie geben einem zu verstehen, dass sie hier noch pumpen, wenn es schon keine Menschen mehr gibt.

Pfützen und Tümpel aus Ölschlamm unterbrechen die Felder der Ölförderung und der makellos neuen Retortensiedlungen. Dazwischen finden sich noch ein paar wenige historische Dokumente dessen, was es hier vor dem Öl-Fieber gab.

Ich habe selten so ein realistisches Bild der Vorstellung einer Post-Apokalypse bekommen!



Die kleinen Ölfördertürme geben einem mit ihrer monotonen Tätigkeit zu verstehen, dass sie hier noch pumpen, wenn es schon keine Menschen mehr gibt


Da wir schon am Kaspischen Meer entlang fahren halten wir auch am Strand. Es gibt hier tatsächlich Fischer. Wir dagegen wagen es nicht einmal das Wasser auch nur anzufassen. Von jeglichem Genuss von Fisch halten wir die Reise über Abstand.

Boote reihen sich idyllisch am Strand aneinander. Ein paar Fischer kommen vorbei uns betrachten uns misstrauisch. Deren Leben ist kein Ponyhof, besonders in solch einem Gewässer.



Zwischen all der Industrie finden sich noch ein paar wenige historische Dokumente dessen, was es hier vor dem Öl-Fieber gab:

– Festungen und Feuertempel



Auf der Halbinsel ist richtig viel Verkehr. Ich habe die Vermutung, dass die Immobilienpreise hier sehr niedrig sind und der Traum vom modernen Einfamilienhaus mit Garten hier sehr günstig in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt und dem Arbeitsplatz realisierbar ist.

Wir fahren über die dichten Autobahnen und kommen am Flughafen vorbei.

An einem Supermarkt begutachten zwei Polizisten unser Auto skeptisch. Als wir einsteigen wollen machen sie sich auf uns anzusprechen. In dem Moment, in dem wir uns zu ihnen wenden, bleiben beide jedoch abrupt stehen, drehen sich um und verschwinden. Hat es etwas damit zu tun, dass sie uns als Ausländer identifiziert haben?




Der Feuertempel von Ateschgah ist uralt und wurde bereits von den Anhängern Zarathustras genutzt. Aber sogar aus dem heutigen Indien kamen Hindus, um den Ort zu verehren, an dem das Feuer ewig brennt.

Bis der heilige Ort von den Sowjets plattgemacht wurde, weil genau darunter vielversprechende Gasvorkommen zu finden waren. Durch die Hilfe von Sponsoren aus Indien wurde dieser Ort wieder aufgebaut.




Unglaublich: Schon vor hunderten von Jahren kamen Pilger aus dem fernen Indien, um diesen Ort zu sehen



Der Feuertempel von Ateschgah

Schon in der Antike galt dieser Ort als heilig, denn aus dem Boden traten brennbare Gase aus, die sich von selbst entzündeten und über Jahrhunderte ein natürliches „ewiges Feuer“ erzeugten. Diese Erscheinung machte den Platz zu einem wichtigen Zentrum der Feuerverehrung – besonders im Zoroastrismus, der das Feuer als Symbol für Reinheit und göttliches Licht verehrt.

Seine heutige Form erhielt der Tempel im 17. und 18. Jahrhundert, als hinduistische und sikhistische Händler sowie Pilger aus Indien hier eine pentagonale Tempelanlage errichteten. Inschriften in Sanskrit und Gurmukhi zeugen noch heute von ihrer religiösen Praxis und der Bedeutung des Feuers als heiliges Element.

Der zentrale Altar, einst von natürlichem Gas gespeist, bildete das Herz des Komplexes.

Mit dem beginnenden Erdölboom im 19. Jahrhundert versiegten die natürlichen Gasflammen, und der Tempel verlor nach und nach seine spirituelle Funktion. Erst 1975 wurde er restauriert und als Museum wiedereröffnet. Heute ist der Ateshgah ein bedeutendes Kulturdenkmal, das an die jahrtausendealte Feuertradition der Region, an alte Handelswege und an die religiöse Vielfalt erinnert, die Aserbaidschan geprägt hat.



Ölfördertürme im Tempel: Es wirkt wie das nur größtmögliche Sakrileg, die Entweihung einer kulturell und religiös höchst bedeutsamen Stelle – aus Geldgier!



Nach einem kurzen Mittagessen fahren wir durch die Landschaft, vorbei an den Ölfördertürmen, um die Festung Nadaran zu besuchen. Aber erstmal müssen wir sie finden. Wir irren durch kleine Gassen, die teilweise viel zu schmal sind für unser dickes Auto. Google Maps hat da wenige Hemmungen mit uns. Irgendwo hier soll die Festung sein, aber wir sehen nur Häuser und Pipelines, die kreuz und quer über Häuser und Straßen führen.

Eine Festung kann doch nicht einfach zu übersehen sein! Doch, kann sie. Wir entdecken das alte Gemäuer und sind enttäuscht.

Drei Festungen sollten im frühen Mittelalter dafür sorgen, dass Baku vor den Mongolen sicher ist. Diese Festung hier ist allerdings nicht sehr beeindruckend, da sie nur noch zwischen anderen Häusern gelegen ist und scheinbar nur noch für die Müllentsorgung dient.



Da Chris und Uwe die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben steht suche ich auf der Karte nach einer anderen Festung. Drei Stück sollen es doch gewesen sein. Ich entdecke Romana, das allerdings noch ein gutes Stück von hier entfernt liegt. Egal, wir versuchen es.

Die Festung Romana sieht besser in Schuss aus. Die liegt auf einer Höhe, von der wir gut über eine große Fläche der surrealen Landschaft von Abşeron blicken können.



Wir fahren als nächstes durch den dichten Verkehr nach Yanar Dağ. An diesem Ort kommen Flammen aus dem Boden und brennen tatsächlich ewig. Angeblich hat ein Hirte versehentlich Feuer entzündet an einem Ort, an dem Gas aus der Erde tritt. Seitdem brennt die Seite dieses kleinen Hügels.

Das ist Grund genug einen großen Touristentempel zu bauen, inklusive Amphitheater, Souvenirläden, Toiletten und der Einrichtung eines Quad Parkour. Das Feuer ist heiß und wir sind die letzten Besucher des Tages. Es ist ein bisschen beeindruckend, aber wir finden das touristische Ambiente überzogen.





Langsam wird es dunkel und wir suchen eine Unterkunft nahe Qobustan im Süden, welches wir am nächsten Tag besuchen wollen. Doch einen weiteren Ort besuchen wir unterwegs und müssen dafür nochmal durch die Hauptstadt.

Leider landen wir mitten in der Rush Hour Bakus.

Wir versuchen um die Großstadt herum zu fahren, aber trotzdem enden wir im Stau. Zu Sonnenuntergang erreichen wir die beeindruckende, riesige Heydar Moschee mit ihren vier Minaretten. Wir können nicht mehr hinein, aber von außen ist sie sehr beeindruckend.




Wir kämpfen uns durch den zähen Verkehr. In einer Raststätte für Fernfahrer finden wir unser Abendessen. Dann fahren wir nur noch bis nach Sanqaçal, wo wir in einer einfachen Unterkunft über die Nacht bleiben. Es erinnert an ein amerikanisches Motel.

Morgen werden wir Qobustan erkunden. Der ORt ist berühmt für seine Schlammvulkane, aber auch bedeutende Petroglyphen – Steinmalereien von Menschen vor 10.000 Jahren!




INFO ON NEW BLOGS

SUBSCRIBE TO MY NEWSLETTER AND BE UP TO DATE WITH MY ADVENTURES

I don’t spam! Read our privacy policy for more info.

You might also like

🇦🇿 Die wolkenverhangene Schlucht in Aserbaidschans Hochgebirge

🇦🇿 Das abgelegene Kaukasus-Dorf Lahic

🇦🇿 Das verwunschene Derwisch-Mausoleum von Diri Baba

🇦🇿 Ein Blick über Shamakhi, die einstige Hauptstadt der Schirwanschahs

Leave A Reply

Your email address will not be published.

This website uses cookies to improve your experience. We'll assume you're ok with this, but you can opt-out if you wish. Accept Read More